Die Sommersaison ist dieses Jahr ausschlaggebend für viele Tourismusbetriebe im Land. Laut einer Umfrage der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) rechnen die Befragten der heimischen Hotellerie in Summe mit einem Minus von 46,4 Prozent beim Jahresumsatz im Vergleich zum Vorjahr. Das Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus hat deswegen zusammen mit der Wirtschaftskammer die Initiative „Sichere Gastfreundschaft – Testangebot Tourismus“ ins Leben gerufen.
Seit Anfang Juli ist es für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in gewerblichen Beherbergungsbetrieben möglich, sich freiwillig einmal wöchentlich auf Covid-19 testen zu lassen. Vorerst werden die Kosten für diese Tests mit maximal 85 Euro vom Bund übernommen. Online (www.sichere-gastfreundschaft.at/beherbergung) kann man die Tourismus-Testungszahlen in einer wöchentlich aktualisierten Österreich-Landkarte einsehen. „Viele Österreicherinnen und Österreicher planen noch einen Urlaub in der Heimat. Mit der Veröffentlichung der aktuellen Zahlen schaffen wir einen guten Überblick zum Testprogramm“, sagt Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP).
"Testchaos im Tourismus"
Kritik an der Maßnahme kommt von der Opposition. SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher sieht ein „Testchaos im Tourismus“, Sepp Schellhorn (Neos) kritisiert den aus seiner Sicht nicht existierenden Leitfaden. Auch die Involvierung des US-Beraterriesen McKinsey wirft noch immer Fragen auf. Dass die anfangs angekündigten 65.000 wöchentlichen Tests erst jetzt, mehrere Wochen nach dem Start und in Summe, erreicht wurden, vermittelt auch nicht den Eindruck einer funktionierenden Strategie. Zudem irritierend: Beschäftigte aus der Gastronomie und Freizeitbranche dürfen nicht vom Angebot Gebrauch machen, das könnte in der Steiermark spätestens in der Skisaison zum Problem werden. Aus dem Büro von Ministerin Köstinger heißt es, man wolle sich zuerst auf die Hotellerie konzentrieren, weil dort das größte Problem liege. Es gebe zwar Überlegungen, das Angebot auszubauen, diese wären aber noch nicht spruchreif.
Die teilweise sehr unterschiedlichen Testungszahlen in den Bundesländern kommen auch dadurch zustande, dass die Initiative auf Freiwilligkeit basiert. „Wir bieten ein Präventivprogramm an, ein vorbeugendes Angebot aus öffentlicher Hand. Zwingen können wir niemanden“, meint Köstingers Pressesprecher Daniel Kosak. Bisher wurden in acht von 2256 getesteten Betrieben positive Fälle gemeldet. Wer sich infiziert hat, soll sofort in Quarantäne. Wie hoch der Anteil der positiven Testungen ist, wird aber auch in Zukunft nicht veröffentlicht.
„Freiwilligkeit ohne Sicherheit, Anreize, Mobilität und Flexibilität ist zum Scheitern verurteilt“, meint SPÖ-Gesundheitssprecher Kucher. Um die anfänglich sehr niedrige Testbereitschaft zu erhöhen, hat die Wirtschaftskammer das Kennzeichen „Sichere Gastfreundschaft“ eingeführt. Dieses Logo dürfen Betriebe führen, wenn sie sich zur Teilnahme an der Initiative verpflichten und die Kriterien einhalten.
"Niemand fragte, ob wir das Logo haben"
Johann Spreitzhofer, der Spartenobmann für Tourismus in der Wirtschaftskammer Steiermark, hofft, dass sich ein Vorfall wie auf der Planneralm nicht wiederholen wird. Dort bekamen vier Mitarbeiter fälschlicherweise positive Testergebnisse, woraufhin das Gästehaus große finanzielle Einbußen verbuchen musste. Ob rechtliche Schritte möglich sind, wird geprüft. „Das ist ein absoluter Einzelfall und wir rufen die Betriebe weiterhin dazu auf, ihre Mitarbeiter testen zu lassen“, sagt Spreitzhofer.
Ob die Kennzeichnung wirklich mehr Leute in die sicheren Tourismusbetriebe treiben wird, werden die nächsten Monate zeigen. „Bei uns hat noch niemand bei der Buchung gefragt, ob wir dieses Logo haben. Aber die Sicherheit ist dadurch ja tatsächlich größer“, meint der Tourismusobmann.
Kritik an Freiwilligkeit und Siegel
Sigismund Moerisch, Sprecher der Kärntner Hotellerie in der Wirtschaftskammer, findet positive Worte für die Tests: „Es hat gebraucht, war anfangs zu bürokratisch – jetzt läuft es super.“ Er kennt die Praxis: Jeden Montag um 11 Uhr kommt ein mobiles Testteam des Roten Kreuzes in sein Hotel an den Millstätter See. Nichts hält Moerisch von Tests auf freiwilliger Basis: „Wenn von 30 Beschäftigten zwei nein sagen, hilft das dem Betrieb recht wenig.“
Auch dem Siegel, mit dem „sichere“ Betriebe ausgezeichnet werden, steht er kritisch gegenüber: „Ich habe nicht darum angesucht – kein Gast hat bisher danach gefragt.“ Nach wie vor schwebe ein Damoklesschwert über Betrieben, in denen ein Mitarbeiter in Quarantäne muss – und damit oft das ganze Team, das mit ihm zu tun hatte: „Solange ich eine solche Regelung habe wie jetzt, haben viele Betriebe Angst“, so Moerisch.
Jakob Thaller