Das im Kreis Zeigen durch potenziell Mitverantwortliche im Commerzialbank-Skandal geht weiter. Nachdem Finanzprokuraturchef Wolfgang Peschorn den Aufsichtsrat in die Pflicht nahm, wehrte sich Commerzialbank-Vizeaufsichtsratschef Wilhelm Grafl. Man habe sich auf die Wirtschaftsprüfer von TPA und die Bankenaufsicht verlassen. "Wir sind jetzt die Depperten", beklagte Grafl im Ö1-Radio.
Peschorn hatte bei der Geschäftsleitung und beim Aufsichtsrat ein "rechtswidriges und schuldhaftes" Verhalten geortet. Grafl hingegen holt die "Profis" TPA, Nationalbank (OeNB) und Finanzmarktaufsicht (FMA) ins Boot. Diese hätten "immer eine weiße Weste bescheinigt. Und warum soll uns 'was auffallen, wenn nicht 'mal die Profis draufkommen, dass da kriminelle Machenschaften dahinter sind", weist Grafl eine Verantwortung des Aufsichtsrats von sich.
Aufsichtsräte: "Das geht zu weit"
Bei den Prüfungen 2015, 2017 und heuer habe der Aufsichtsrat nichts davon erfahren, dass es Verdachtsmomente gebe. Man sei von "normalen Prüfungen" ausgegangen. "Dass da ein Whistleblower dahinter ist, haben wir nie erfahren. Wenn wir da nicht agiert hätten, dann wären wir wirklich die Blöden gewesen", so Grafl, vom Brotberuf her ein Gastwirt.
Insgesamt wehren sich nun acht der insgesamt zehn Aufsichrsräte des pleitegegangenen Instituts gegen Behauptungen, sie hätten von den Malversationen gewusst und wären in kriminelle Machenschaften verstrickt gewesen. "Das geht entschieden zu weit", betont Anwalt Christoph Leitgeb von der Kanzlei DSC Doralt Seist Csoklich, der die Acht vertritt. Damit bezieht sich Leitgeb auf Äußerungen des Präsidenten der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, im Ö1-"Morgenjournal" des ORF-Radio von Dienstag.
Keine Millionen-Kredite
Anwalt Leitgeb kritisierte, dass Peschorn die Aufsichtsräte "in einem Atemzug mit den für die aufgedeckten Malversationen verantwortlichen Vorständen der Bank genannt hatte". Denn wenn etwas "wahrscheinlich" sei, dann das, dass "alle" - nämlich Finanzmarktaufsicht (FMA), Wirtschaftsprüfer und die Aufsichtsräte - äußerst geschickt getäuscht und betrogen worden seien.
Die von Leitgeb vertretenen Aufsichtsräte hätten auch keine Millionen-Kredite erhalten, wie dies von der SPÖ Burgenland behauptet worden sei. Die von der Bank ausgewiesenen Kreditvolumina der Aufsichtsräte (2018 rund 2,32 Millionen Euro) "beruhen auf fiktiven negativen Konten, die dem Aufsichtsrat ohne rechtliche Grundlage fälschlich zurechnet wurden", hält der Anwalt fest. Dem Grund und der Höhe nach werde das gegenüber der Einlagensicherung und dem Masseverwalter bestritten.
Getäuscht und betrogen
Auch hätten die Aufsichtsräte nicht unmittelbar vor Schließung der Bank Abhebungen getätigt, um ihre Sparguthaben "zu retten". Nichts davon entspreche der Wahrheit, heißt es im Statement des Anwalts von acht Aufsichtsräten. Die Aufsichtsratsmitglieder würden vielmehr "selbst zu den Getäuschten und Betrogenen gehören" - ihr Vertrauen, das auf langjährigen persönlichen Beziehungen, teils seit Jugendtagen, beruhe, sei "von den Bankvorständen auf schändliche Weise missbraucht" worden.
Zum Thema Schadenersatzklage gegen die Republik hieß es indes von einem Anlegeranwalt gegenüber Ö1, dass man "die Schleife über den Verfassungsgerichtshof" werde nehmen müssen, was die Sache freilich verlängere. Peschorn sprach ja vom Paragraf 3 des Finanzmarktaufsichtsbehördengesetzes (FMABG), wonach der Bund bei Fehlern der Aufsicht nur gegenüber Banken hafte, nicht aber gegenüber Anlegern. Der Anwalt hält das für potenziell verfassungswidrig.