Mit welcher Motivation haben Sie das Ehrenamt der Verbandspräsidentin übernommen?
GABRIELE JÜLY: Wir sind eine der am strengsten regulierten Branchen. Daher ist eine gute Interessenvertretung wichtig. Seit 2009 engagiere ich mich. Es war eine logische Konsequenz, diese Funktion zu übernehmen.
Was steht auf Ihrer Agenda ganz oben?
Wir wollen den „Green Deal“ und die Recyclingziele der EU so im österreichischen Abfallwirtschaftsgesetz einbringen, dass wir die Ziele auch erfüllen können. Für mich persönlich ist eine Lösung für die Lithium-Batterien ein hohes Anliegen.
Sie sprechen das Problem der Batteriebrände an. Fehlt ein breites Bewusstsein?
Das ist eine Herausforderung in der Entsorgungsbranche, auf die nicht Rücksicht genommen wird. Es passieren viele Unfälle in den Betrieben, aber auch in Privathaushalten. Dahinter stehen Schicksalsschläge, familiär wie wirtschaftlich. Wir brauchen dringend eine Lösung.
Wie soll die aussehen?
In den letzten Jahren wurden tausende Tonnen Lithium-Batterien in Umlauf gebracht. Sie sind in sehr vielen Geräten verbaut. Aber in der Bevölkerung ist kein Bewusstsein da, wie gefährlich das ist. 1,4 Millionen Batterien werden pro Jahr im Restmüll entsorgt, sie beginnen leicht zu brennen und sind schwer zu löschen. Im Haushalt, im Müll-Lkw oder im Entsorgungsbetrieb ist das ein Problem, das noch größer werden wird, wenn die Batterien in den nächsten Jahren im großen Stil auf den Entsorgungsmarkt kommen. Daher treten wir für einen Pfand in der Höhe von 25 bis 50 Euro je Batterie ein. Das Ziel muss sein, dass man als Konsument die Batterie bei einer gewerblichen Sammelstelle entsorgen will.
Hoffen Sie auf eine europäische Lösung?
Es ist ein starkes Thema in der EU. Wir sind dabei, die Batterienverordnung zu ändern, aber bis dahin dauert es noch Jahre. Österreich könnte eine Vorreiterrolle einnehmen.
Bis wann ist so ein Pfandsystem realistisch?
Das zu sagen ist schwierig, es ist auch eine Diskussion mit dem Handel. Vielleicht in drei bis fünf Jahren. Es würde schneller gehen, wenn sich die breite Bevölkerung dafür interessiert, was mit den Akkus passiert.
Warum, glauben Sie, ist uns das Bewusstsein für dieses Thema abhanden gekommen?
Es war schon einmal gut in den Köpfen verankert, ist aber in den letzten Jahren verloren gegangen. Die Sammelquote bei Batterien ist rückläufig. Man müsste über die Lithium-Ionen-Batterien breit aufklären.
Bei Kunststoffverpackungen schreibt die EU höhere Sammel- und Recyclingquoten vor. Wie soll Österreich die Mengen erreichen?
Indem wir eine einheitliche getrennte Sammlung machen. Aktuell gibt es regional viele verschiedene Varianten, was in die gelbe Tonne darf und was nicht. Das muss vereinheitlicht werden – eine Fraktion mit allen Verpackungsabfällen, sodass es der Bevölkerung kommuniziert werden kann. Die Entsorgungswirtschaft kann dann auch die dringend anstehenden Modernisierungen machen und in Sortieranlagen investieren. Es warten viele Betriebe auf eine Entscheidung, wie die Gesetzgebung damit umgeht.
Woran hakt es?
Als die getrennte Sammlung vor 27 Jahren eingeführt wurde, hat sich das in den Regionen unterschiedlich entwickelt. Aus entsorgungstechnischer Sicht wäre es kein Problem, das einheitlich zu gestalten. Bis jetzt ist es nicht im Fokus gestanden. Wir brauchen aber eine Entscheidung, da wir die Recyclingquoten erfüllen müssen.
Der Verband ist gegen ein Pfand auf Einwegflaschen. Warum?
So ein System ist aus meiner Sicht nicht logisch und nicht fair. In acht Bundesländern funktioniert die Sammlung gut. Im urbanen Bereich ist die getrennte Entsorgung noch nicht ganz selbstverständlich. Bei einem Pfand auf PET-Flaschen wäre eine Entsorgung nur noch im Handel bzw. in 6000 Lebensmittelgeschäften möglich. Das hätte Nachteile für Konsumenten, Händler und Entsorger.
Warum für Konsumenten?
Es steigt durch das Pfand nicht nur der Preis für die PET-Flaschen, auch die Kosten für das Erreichen der Recyclingziele liegen bei einem Pfandsystem 20 Prozent über denen der getrennten Sammlung. Das sind Kosten, die am Ende bei den Konsumenten landen würden.
Und der Handel müsste die Infrastruktur erst schaffen?
Der Handel schätzt die Kosten dafür auf 150 bis 200 Millionen Euro. Für kleine Händler ist das teuer und ein Platzproblem. Es wäre besser, wenn wir bei dem System bleiben und PET-Flaschen einheitlich in der gelben Tonne sammeln. Ohne dass Automaten aufgestellt werden und Entsorgungsautos separat unterwegs sein müssen. Sie würden vor allem Luft transportieren, da PET-Falschen nicht zusammengedrückt werden dürfen. Das wäre also auch für die CO2-Bilanz nicht gut.