Monatelang bestimmte das Tauziehen um die Rettung der AUA die Schlagzeilen, jetzt belegen auch die Zahlen, wie hart die Corona-Pandemie die österreichische Lufthansa-Tochter trifft – und warum das Rettungspaket die einzig mögliche Überlebenshilfe war. 299 Millionen Verlust machte die Airline im ersten Halbjahr, bereinigt um Bewertungsverluste bei Flugzeugen waren es noch 235 Millionen. 99 Millionen Euro Verlust waren es von April bis Juni. Der Umsatz sackte auf fast null ab. Die zweite Jahreshälfte sollte besser laufen. Aber trotz des Mitte Juni wieder aufgenommenen Flugbetriebs dürften weiter hohe Verluste anfallen. „In ähnlicher Größenordnung“, weckt Finanzchef Wolfgang Jani bei dem ersten offiziellen AUA-Termin seit der Paktierung der Staatshilfe keine falschen Hoffnungen.
Inzwischen zeichnet sich immer stärker ab, dass die Krise deutlich länger dauern dürfte als anfangs angenommen. Die Einschätzung vieler Airlines, in zwei Jahren zu einem Betrieb wie in Vor-Corona-Zeiten zurückzukehren, bekam erst an diesem Mittwoch einen kräftigen Dämpfer. Da hatte der Internationale Weltluftfahrtverband IATA erklärt, es werde noch vier Jahre bis zur vollständigen Erholung des Marktes dauern.
„Wer gesund ist, soll reisen dürfen“
Ein massives Hemmnis sind derzeit die von jedem Land eigenständig verhängten Einreise- und Quarantäne-Bestimmungen. „Wir fliegen durch ein regelrechtes Verordnungsdickicht“, beschreibt AUA-Chef Alexis von Hoensbroech das Problem. Kurzfristig seien die Verbote richtig gewesen, „langfristig sind sie nicht das adäquate Mittel“. Er fordert eindringlich von der Politik, von pauschalen Lande- und Einreiseverboten abzusehen und stattdessen ein flächendeckendes Testprogramm für Reisende aus Risikoländern aufzuziehen. „Wer gesund ist, soll reisen dürfen“, verlangt der AUA-Chef. Zumal es oft ein Leichtes sei, über kleine Umwege nach Österreich zu kommen. Die Infrastruktur an Flughäfen eigne sich bestens für Tests. Ideal sei eine weltweite Lösung. Die Tests sollen günstig sein, mit Preisen im niedrigen zweistelligen Euro-Bereich, damit nicht eine neue Hürde aufgebaut werde. „An dem Thema arbeiten in der Branche alle, auch die IATA“, so von Hoensbroech. Extrem wichtig sei eine Lösung für die Nordatlantik-Routen, „den wichtigsten Reisekorridor auf diesem Planeten“.
Die Landeverbote im Juli hatten die Airline nach dem wieder gut gestarteten Geschäft vor dem Ferienbeginn hart getroffen. Viele Flüge mussten kurzfristig abgesagt werden. Aktuell wird das Flugangebot gerade wieder ausgeweitet. Die AUA fliegt derzeit mit knapp 20 Prozent ihrer normalen Kapazität. Dass die Nachfrage steige, etwa im deutschsprachigen Raum, dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, „dass das bei Weitem nicht reicht, um ein Unternehmen in dieser Größenordnung über Wasser zu halten“, so von Hoensbroech wörtlich.
Ob die 600 Millionen Euro aus dem Hilfspaket die österreichische Airline auch bis 2024 oder 2025 in der Luft halten können, war bei der AUA-Halbjahresbilanz keine unerwartete Frage. „Das war kein Bierdeckel-Plan“, betont Finanzchef Jani. Der von einem Konsortium aus fünf Banken mitfinanzierte Businessplan sei wahrscheinlich der am meisten geprüfte Österreichs.
"Ticket-Rückerstattung bis August abgeschlossen"
In einem Stresstest seien auch Szenarien mit schlechteren Entwicklungen durchgespielt worden. „Da hält der Plan auch noch“, versichert Jani. „Es gibt gewisse Cash-Puffer.“ Er sieht seine Mission erfüllt. Wie berichtet, wird er die AUA demnächst verlassen. 90 Positionen von Führungskräften wurden in den vergangenen Monaten bereits abgeschafft. Weitere Einschnitte sollen durch das zweijährige Kurzarbeitszeit-Modell vermieden werden. Die Airline erwartet, dass die normale Fluktuation einem möglichen Zuviel an Personal entgegenwirkt. Seit Juni des Vorjahres haben rund 300 Mitarbeiter das Unternehmen verlassen.
Der Ärger vieler Kunden über lange nicht zurückerstattete Tickets dürfte langsam verrauchen. In den vergangenen Wochen wurden nach Angaben der AUA drei Viertel der Anträge mit einem Volumen von 50 Millionen Euro abgearbeitet. Der Rest soll möglichst noch im August refundiert werden.
Claudia Haase