Die Anwaltskanzlei des Grazers Harald Christandl hat in der Causa Commerzialbank formell ein Amtshaftungsverfahren gegen die Republik Österreich eingeleitet. Das geht aus einem Schreiben an den Präsidenten der Finanzprokurator, Wolfgang Peschorn, hervor, das auch der Kleinen Zeitung vorliegt.
"Wir begehren eine Haftung der Republik dem Grunde nach für Schäden, die von der Einlagensicherung nicht gedeckt sind", erklärt der Jurist. Die Republik habe nun drei Monate Zeit zu reagieren, "wobei wir angesichts der Ausgangslage hoffen, dass langwierige und kostenintensive Gerichtsverfahren hintangehalten werden können", so Christandl.
Briefe an Kurz und Blümel
In einem weiteren Schreiben wandte sich der Anwalt an Bundeskanzler Sebastian Kurz und Finanzminister Gernot Blümel, um sie um "Mithilfe bei einem raschen, unkomplizierten Lösungsprozess" zu ersuchen. Christandl hofft, dass seinen Mandanten, "eine kleine Gruppe privater Anleger", eine Instanzenrallye wie in den Fällen BHI, Riegerbank oder AMIS, die viele Jahre in Anspruch genommen haben, erspart wird.
Er sei von Mandanten mit der Geltendmachung und Durchsetzung von Amtshaftungsansprüchen "im Zusammenhang mit den Versäumnissen der staatlichen Aufsicht bei der Commerzialbank Mattersburg beauftragt", erklärt Christandl an die Finanzprokuratur.
"Kläglich versagt"
Und weiter: "Die Pflichten der Finanzmarktaufsicht haben augenscheinlich bei der Commerzialbank kläglich und vielschichtig versagt. Der FMA hätte bei ordnungsgemäßer Aufsicht und Prüfung jedenfalls auffallen müssen, dass die in den Jahresabschlüssen öffentlich ersichtlichen Fantasiezahlen der Bank einem Marktvergleich unter keinen nachvollziehbaren und realitätsnahen Parametern standhalten."
In den Jahresabschlüssen von 2008 bis 2018 könne nicht übersehen werden, dass unter anderem
- die Bilanzsumme der Commerzialbank Mattersburg kontinuierlich wuchs, während sie sich im sonstigen beaufsichtigen Bankensektorreduzierte,
- die Einlagen der Sparer die gewährten Kredite erheblich überstiegen,
- die Guthaben bei anderen Banken überdurchschnittlich hoch waren,
- die von der Bank erzielten Erträge im Branchenvergleich doch beträchtlich waren.
Das seien aber nur einige der Auffälligkeiten, erklärt die Anwaltskanzlei. Es bestehe der Eindruck eines "nicht vertretbaren, multiplen Behördenversagens".
"Prüfer gesperrt"
Schwere Geschütze gegen die FMA und den Aufsichtsrat der Commerzialbank fuhr am Donnerstag auch der Linzer Anwalt Gerald Waitz auf. "Ich vertrete die Ansicht, dass die Bestellung der Kanzlei TPA zum Wirtschaftsprüfer der Bank ab 2016 einen schwerwiegenden Gesetzesverstoß darstellt." Denn die FMA habe 2015 zwei Prüfer der TPA wegen fataler Prüfungsmängel für fünf Jahre für Bankprüfungen gesperrt. Nach dem Bankwesengesetz stelle dies einen Ausschlussgrund für weitere Prüfungstätigkeiten von TPA bei dieser Bank dar, so der Anlegeranwalt. Waitz bereitet derzeit mit dem Prozessfinanzierer LVA24 Musterklagen gegen die Republik und die Mitglieder des Aufsichtsrates vor. Auch gegen den Wirtschaftsprüfer sei eine Klage in Vorbereitung.