Die Corona-Krise hat dem Tourismus mächtig zugesetzt. Sind die Einbußen in den mehr als 60 Jufa-Hotels so hoch, wie Sie noch im Mai befürchtet hatten?

Gerhard Wendl: Wir liegen jetzt bei 80 Prozent des Vorjahresergebnisses, und das ist deutlich besser, als erwartet. Speziell in der Steiermark und in Kärnten gibt es Standorte, die sogar über den Budgetzielen vor der Coronazeit liegen. Zum Beispiel im Mariazellerland oder in Gurk. Wir sehen jetzt einen Trend, kleinere, unbekannte Gebiete zu erkunden. Und unser Pluspunkt ist, dass wir auf Familientourismus setzen, und in vielen unserer Hotels Indoor-Programme für Kinder anbieten. Das Buchungsverhalten ist heuer außerdem extrem kurzfristig. Pro Woche kommt so durch Buchungen an allen Standorten rund eine halbe Million Euro herein.

In welche Richtung muss sich der Tourismus in Österreich aus Ihrer Sicht entwickeln, um Krisen wie diese überstehen zu können?

WENDL: Wir haben in diesem Jahr eine historische Chance, Gäste an den Österreich-Urlaub zu binden und aus Österreich-Urlaubern zufriedene Gäste für die Zukunft zu machen. Das ist auch unser Ziel bei Jufa. Denn die Flugreisen-Thematik wird in den kommenden zwei bis drei Jahren nicht leichter werden. Wir sind ein hervorragendes Urlaubsland, und das müssen wir jetzt beweisen. Die Menschen sind außerdem sensibler geworden für Themen wie regionale Produkte und sie sind zunehmend auf der Suche nach authentischen Urlaubserlebnissen. Deshalb muss auch die Entwicklung der Regionen noch stärker forciert werden.

Wird es eine Bereinigung im Tourismussektor geben?

WENDL: Jene, die schon bisher gute Produkte und stimmige wirtschaftliche Konzepte hatten, werden auch diese Situation meistern. Wer schon vor der Coronakrise geschwächelt hat, und geschäftlich in einer schwierigen Situation war, wird es vielleicht nicht überleben. Der Städtetourismus ist da ein gutes Beispiel.

Gibt es bei Jufa aufgrund der Coronakrise Investitionsstopps?

WENDL: Einen wirklichen Investitionsstopp gibt es nicht. Aber natürlich werden sich bestimmte Projekte verschieben. Es ist eine schwierige Zeit, die uns zwingt, die eine oder andere Entwicklung aufzuschieben. Aber wir sind zuversichtlich, dass gerade der Familientourismus in Zukunft noch mehr Thema sein wird. In der Oststeiermark haben wir beispielsweise gerade erst einen Familienstandort in Betrieb genommen, und der war in den ersten 14 Tagen komplett ausgebucht. Im Lockdown hatten wir andererseits auch Zeit, das eine oder andere Haus in Ruhe zu sanieren.

Das Thema Arbeitszeitverkürzung ist in den vergangenen Wochen immer wieder diskutiert worden. Ein aus Ihrer Sicht machbares Modell?

WENDL: Viel wichtiger ist es, dass man gute Rahmenbedingungen schafft. Menschen haben unterschiedliche Lebensmodelle. Flexibilität wäre wünschenswert. Wir aber haben gesetzliche Regelungen, die sich noch aus den 1950er Jahren ableiten. Man muss nicht alles zu Tode regulieren.

Was müsste die öffentliche Hand im Tourismus dringend umsetzen?

WENDL: Wichtig wäre es, eine österreichische Buchungsplattform zu schaffen, die vor allem kleineren Betrieben eine Chance gibt. Jetzt sind sie den großen Buchungsportalen ausgeliefert, und gezwungen, an sie zu zahlen. Wenn man Betrieben in Österreich also in der aktuellen Situation helfen will, dann muss man direkt im Hotel oder beim Veranstalter buchen. Ein anderes wichtiges Thema ist die Senkung der Lohnnebenkosten, damit die Mitarbeiter mehr in ihrer Geldbörse haben. Generell sollten die komplexen Systeme vereinfacht werden, um die Abwicklung zu erleichtern.