Die rund 500 Millionen Euro, die bei der Commerzialbank Mattersburg fehlen sollen, werden die Gerichte "sicher noch Jahre" beschäftigen, ist Creditreform-Chef Gerhard Weinhofer überzeugt. "Prinzipiell bräuchte man gar kein Insolvenzverfahren - die Bank könnte auch gekauft werden, ich glaube aber, an einem Insolvenzverfahren wird da nichts vorbeiführen", sagte der Gläubigerschützer zur APA.
"Derzeit haben wir ja noch kein Insolvenzverfahren - es obliegt der FMA (Finanzmarktaufsicht, Anm.) und der Insolvenzrichterin am Landesgericht Eisenstadt, das einzuleiten", erklärte der Geschäftsführer des Kreditschutzverbandes am Freitag.
So ein Bankendebakel sei "immer etwas sehr Komplexes", betonte Weinhofer mit Blick auf Causen aus der Vergangenheit wie etwa die Riegerbank, die Hypo Alpe Adria und die Bank Burgenland. Die burgenländische Commerzialbank Mattersburg sei auch ein Fall für die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). "Das wird sicher Jahre dauern." Denn es seien unzählige Klagen zu erwarten.
Klagen gegen Aufsicht denkbar
Bei der Bankinsolvenz werde es voraussichtlich Verbandsklagen gegen die Aufsichtsbehörden - Nationalbank und Finanzmarktaufsicht (FMA) -, die Aufsichtsorgane innerhalb der Bank und gegen den diese Woche bereits zurückgetretenen Bankvorstand und Präsidenten des Fußball-Bundesligisten SV Mattersburg, Martin Pucher, geben.
"Auch die Haftung der Wirtschaftsprüfer ist immer ein heikles Thema - wie konnte das über Jahrzehnte unentdeckt bleiben, das ist dubios", so Weinhofer. "Wobei -, gegen einen gut gemachten Betrug und bei viel krimineller Energie ist man auch als Wirtschaftsprüfer machtlos", räumte der Kreditschützer im Gespräch mit der APA ein. Jedenfalls müsse man sich anschauen, ob es ein Verschulden seitens der Wirtschaftsprüfer gebe.
Wirtschaftsprüfer sehen sich als Opfer
Die Mattersburger Bank wurde von 2006 bis 2018 von der TPA geprüft. Für 2019 ist noch keine Bilanz hinterlegt. Die Wirtschaftsprüfungskanzlei erklärte unmittelbar nach Auffliegen des Skandals am Mittwoch, im Fall Commerzialbank selber Opfer von Täuschung und offenkundigem Betrug geworden zu sein und man prüfe selber eine Anzeige gegen die Bankverantwortlichen.
Ein komplizierter Rechtsstreit mit vielen offenen Fronten ist jedenfalls programmiert. Der Bilanzskandal bei der insolventen Buchhandelskette Libro habe sich dann beispielsweise über zwölf bis 14 Jahre hingezogen, beim Baukonzern Alpine sei man im fünften oder sechsten Jahr, erinnerte sich Weinhofer.
"Es ist natürlich aus Sicht der Bankkunden eine Katastrophe - vor allem für die Unternehmen, die neben der Coronakrise jetzt auch um ihre Einlagen umfallen", so der Chef des Kreditschutzverbandes. Der kleine Sparer bekommt sein Geld. Dieser sei ohnehin bis zu einer Summe von 100.000 Euro von der Einlagensicherung geschützt. Hat er mehr als das auf einem Konto der mittlerweile geschlossenen Bank, muss er seine Ansprüche grundsätzlich in einem bevorstehenden Insolvenzverfahren anmelden. Nach jüngsten Darstellungen hatte die Bank zuletzt rund 13.500 aktive Kunden.
AK mit hunderten Anfragen
Beim Konsumentenschutz der Arbeiterkammer Burgenland (AK) laufen deshalb seit Mittwoch die Telefone heiß. "Wir haben in den letzten Tagen mehrere hundert Anfragen erhalten", sagte Konsumentenschützerin Judith Palme-Leeb am Freitag im Gespräch mit der APA.
Viele Bankkunden hätten Fragen zur weiteren Vorgehensweise: "Was ist mit meinem Geld, den Krediten, Schließfächern und Sparbüchern? Was kann ich tun?", so Palme-Leeb. Da mittlerweile klar sei, dass die Bank wohl nicht mehr öffnen werde, rate man insbesondere zur Eröffnung eines neuen Kontos. Zudem informiere man die Betroffenen darüber, dass sie einen Brief von der Einlagensicherung mit einer Anleitung, wie sie zu ihrem Geld kommen, erhalten werden.
Auch bei den Schließfächern werde es Lösungen geben. Bei den Filialen würden bereits Plakate hängen, auf denen darüber informiert werde, wie man sich einen Termin zur Abholung ausmachen könne. "Es besteht kein Grund zur Panik", betonte die Konsumentenschützerin.