Bei der burgenländischen Commerzialbank Mattersburg ging es nach Unregelmäßigkeiten, die jetzt bei einer Vorort-Prüfung der Bankprüfer offenkundig geworden sind, ganz schnell. Der Vorstandschef Martin Pucher hat nach einer ersten Befragung gestern per sofort seinen Job zurückgelegt. Es soll auch eine Selbstanzeige geben.
Die Aufseher haben die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eingeschaltet.
Verdacht der Bilanzfälschung
Der Verdacht lautet dem Vernehmen nach auf Basis des bisherigen Kenntnisstands auf Bilanzfälschung und Untreue.
Kunden der kleinen Bank (Bilanzsumme: rund 800 Millionen Euro) müssen sich indes um ihre gesicherten Spareinlagen keine Sorgen machen, ein FMA-Sprecher verwies am Mittwoch darauf, dass Einlagen bis zu 100.000 Euro pro Person (auch für Kleinunternehmen) gesichert sind. Die Einlagensicherung ist schon aktiv, der Einlagensicherungsfall bereits eingetreten. Dafür muss nicht erst ein Konkurs einer Bank abgewartet werden, heißt es zur APA.
Der Bank wurden heute Nacht die Geschäfte zur Gänze untersagt, es sind damit keine weiteren Einzahlungen, Abhebungen oder Überweisungen möglich. Der Chef der kleinen Regionalbank, Martin Pucher, ist auch Clubchef des SV Mattersburg.
Bank vor der Liquidation
"An einen Fortbestand ist in keinster Weise zu denken. Die Bank ist zu liquidieren", betonte Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) am Mittwoch bei einer Pressekonferenz. Das Land richtet nun Hotlines für Betroffene ein.
Viele Unternehmen und Privatpersonen würden durch den Bilanzskandal "höchstwahrscheinlich am Ende des Tages sehr viel Geld verlieren", sagte Doskozil.
Sowohl in der Landesregierung als auch in der Wirtschaft Burgenland (WiBuG) werde eine Hotline eingerichtet, die Privatpersonen beziehungsweise Unternehmen zur Verfügung stehen wird. Zudem werde ein Jurist engagiert, der kostenlose Rechtsberatung bieten werde.
Energie Burgenland betroffen
Das Land selbst ist laut Doskozil nicht betroffen. Es habe keine Geschäftsbeziehung zur Commerzialbank gegeben.
Die Energie Burgenland habe allerdings rund 5 Millionen Euro dort veranlagt. "Ich gehe davon aus, dass das Geld weg ist", sagte Doskozil.
Die Höhe des Schadens sei derzeit noch nicht absehbar. Die Finanzmarktaufsicht habe ihm jedoch mitgeteilt, dass die Lage "dramatisch" sei, so der Landeshauptmann.
Frequentis: 31 Millionen Euro weg
Schweren Schaden nimmt auch die börsennotierte Wiener Technologiefirma Frequentis. Das Unternehmen hat 31 Millionen Euro an Einlagen bei der Commerzialbank, in der Folge rutsche der Börsenkurs von Frequentis um bis zu 12 Prozent ab. Das Unternehmen versuchte zu beruhigen und versicherte, dass der Fall keinen Einfluss auf das operative Geschäft, auf Kunden und Mitarbeiter habe. Die Frequentis AG verfüge bei anderen Banken über Einlagen in der Höhe von 56 Millionen Euro.
Das sagen die Wirtschaftsprüfer
Indes hält die TPA Wirtschaftsprüfung, die die Prüfungen bei der Commerzialbank Mattersburg von 2006 bis 2018 durchgeführt hatte, fest: "Es wurde das Vertrauen der Prüfer in die Korrektheit der zur Verfügung gestellten Unterlagen offensichtlich missbraucht, die Ermittlungen dazu laufen bereits und werden voraussichtlich in den kommenden Tagen durch die Behörden veröffentlicht." Der Bestätigungsvermerk des Jahresabschlusses der Commerzialbank Mattersburg für das Geschäftsjahr 2019 sei nicht erteilt, der Grund dafür liege in der schleppenden bzw. fehlenden Übergabe von prüfungsrelevanten Unterlagen seitens der Bank. Die nun durch die FMA aufgedeckten Unregelmäßigkeiten "haben natürlich einen sofortigen Widerruf von Bestätigungsvermerken der Vergangenheit zur Folge".