Der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland soll Anfang 2021 um 15 Cent auf 9,50 Euro steigen, in drei weiteren Schritten zur Jahresmitte 2022 aber 10,45 Euro erreichen. Dies empfahl am Dienstag die Mindestlohn-Kommission aus Arbeitgebern und der Gewerkschaften. Dies betrifft etwa zwei Millionen Beschäftigte.
Mit der Empfehlung für 2021 bleibt die Kommission hinter der Entwicklung der Tariflöhne zurück. Sie trägt damit nach eigener Darstellung der Wirtschaftskrise als Folge der Virus-Pandemie Rechnung. Arbeitsminister Hubertus Heil räumte ein, die Anpassung bleibe anfangs "leicht unter dem Tarifindex, um dann kräftig aufzuholen". Der SPD-Politiker sprach sich für 2023 für eine sprunghafte Anhebung auf zwölf Euro pro Stunde aus.
Die Kommission rang stundenlang um eine Entscheidung, nachdem es aus der Wirtschaft Forderungen gegeben hatte, auf eine Erhöhung zu verzichten, um in der Krise nicht zusätzlich Arbeitsplätze durch höhere Lohnkosten zu gefährden. Dennoch gelang am Ende nach "teilweise auch kontroverser Diskussion" ein einstimmiger Beschluss, wie der Kommissionsvorsitzende Jan Zilius mitteilte. Demnach steigt der Mindestlohn in vier Schritten jeweils zum 1. Jänner und 1. Juli 2021 und 2022 auf 9,50 Euro, 9,60 Euro, 9,82 Euro und 10,45 Euro. Heil kündigte an, die Regierung werde dies per Verordnung umsetzen.
"Mehr Luft" für kleine und mittlere Betriebe
Die Kommission soll sich an der Tariflohnentwicklung orientieren, aber auch die Sicherung von Beschäftigung im Blick haben. Der maßgebliche Tarifindex des Statistikamtes legte von Juni 2018 bis Juni 2020 um 5,7 Prozent zu. Entsprechend müsste der Mindestlohn bereits Anfang 2021 auf 9,82 Euro steigen.
Der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes, Steffen Kampeter, zeigte sich zufrieden, dass mit einer geringeren Anhebung vor allem für kleine und mittlere Betriebe mehr Luft geschaffen werde, die "durch die Corona-Krise besonders hart getroffen sind und um ihre wirtschaftliche Existenz kämpfen müssen". Stefan Körzell vom Deutschen Gewerkschaftsbund wertete es als Erfolg, dass der Mindestlohn "im zweiten Jahr des Erhöhungszeitraums mit 10,45 Euro deutlich über dem Tarifindex liegen wird". Die Erhöhungen brächten den Beschäftigten etwa zwei Milliarden Euro mehr Geld.