Die Anwaltskanzlei Tilp hat ihre Schadensersatzklage gegen Wirecard auf den Wirtschaftsprüfer Ernst & Young (EY) und frühere Vorstände des zusammengebrochenen Zahlungsabwicklers ausgeweitet. "Vom zumindest bedingt vorsätzlichen Verhalten der neuen Beklagten sind wir überzeugt", erklärte Rechtsanwalt Andreas Tilp am Dienstag.
Neben EY, die jahrelang die Bilanzen von Wirecard geprüft haben, verklagen die Anwälte Ex-Wirecard-Chef Markus Braun, ein Österreicher, den ehemaligen Vorstand Jan Marsalek, ebenfalls ein Österreicher, sowie den noch amtierenden Finanzchef Alexander von Knoop.
Musterverfahren beantragt
Tilp hatte bereits Mitte Mai - lange vor der Insolvenz von Wirecard - am Landgericht München Klage eingereicht gegen den Konzern und ein Musterverfahren beantragt. Mehr als 30.000 Anleger hätten sich bereits an die Tübinger Anwaltskanzlei gewandt, die auch gegen den Autobauer VW wegen des Dieselskandals juristisch vorgeht. Bei einem Musterverfahren handelt es sich um eine Art Sammelklage, bei der einer im Namen von vielen klagt.
Wirecard hatte eingeräumt, dass in der Bilanz 1,9 Milliarden Euro fehlen und wenige Tage später Insolvenz angemeldet. Die Abschlussprüfer von EY hatten den Ball ins Rollen gebracht, weil sie bei der Durchsicht von Dokumenten für die Bilanz 2019 auf Unregelmäßigkeiten gestoßen waren. Den Wirtschaftsprüfern wird aber vorgeworfen, nicht schon früher Alarm geschlagen zu haben - sie prüfen die Wirecard-Bilanzen seit vielen Jahren.