Österreichs Weinwirtschaft hat durch die Coronakrise vor allem in der Gastronomie schwere Absatzeinbußen erlitten und will jetzt durch eine Verlagerung der Schwerpunkte bei Förderungen und Marketing retten, was noch zu retten ist. Um die großen Lagerbestände abzubauen, soll billiger Wein früherer Jahrgänge destilliert und zu Desinfektionsmitteln verarbeitet werden.
Durch die Corona-bedingte Schließung der heimischen Gastronomie ab Mitte März hätten bis Mitte Mai rund 23 Millionen Liter Wein nicht abgesetzt werden können, berichtete der Geschäftsführer der Österreich Wein Marketing GmbH (ÖWM), Chris Yorke, am Freitag bei einer Pressekonferenz in Wien. Der Weinexport sei heuer zwar gut angelaufen und es habe bei den Ausfuhren bis Mitte März eine Absatzsteigerung um 7,5 Prozent sowie ein Umsatzplus von 6 Prozent gegenüber dem Erstquartal 2019 gegeben, doch Rückmeldungen von Winzern und Händlern ließen darauf schließen, dass es seit der Ausbreitung der Epidemie in den meisten Exportmärkten starke Einbrüche gegeben habe, sagte Yorke.
Mehr private Weinkäufer
Die Haushaltseinkäufe hätten laut Erhebungen des Marktforschungsinstituts GfK im März und April um 17 Prozent (wertmäßig um 12 Prozent) zugenommen, doch gemessen an den Einbußen in der Gastronomie sei das nur ein Tropfen auf den heißen Stein, so Yorke.
Der Österreichische Weinbauverband habe nun mit Hilfe der Corona-Krisenverordnungen der EU und der österreichischen Stützungsprogramme ein Hilfspaket ausgearbeitet, das nun umgesetzt werde, sagte Weinbaupräsident Johannes Schmuckenschlager. So soll die bestehende Absatzförderung für Märkte außerhalb der EU im Rahmen des nationalen Stützungsprogramms auf mehr Fördergegenstände ausgeweitet und der Fördersatz von 50 auf 60 Prozent angehoben werden.
Qualität und Desinfektion
Die Förderung für qualitätsfördernde Maßnahmen wie Gärsteuerung oder Kühlungsinvestitionen wird von 30 auf 40 Prozent erhöht. Neu in die Investitionsförderung aufgenommen werden Lagertanks, aber auch die Konzentrierung von Most durch Umkehrosmose oder Vakuumdestillation zur Herstellung von Trauben-Dicksaft.
Um die großen Weinlager zu reduzieren, sollen rund zehn Millionen Liter Wein des Jahrgangs 2018 und älter um 35 Cent pro Liter mit Geld aus dem Stützungsprogramm angekauft, in einem Zentrallager zusammengeführt und destilliert werden, um daraus Desinfektionsmittel herzustellen. Aus den zehn Millionen Litern Wein könne rund eine Million Liter hochprozentiger Alkohol hergestellt werden, erklärte der Direktor des österreichischen Weinbauverbandes, Josef Glatt.
Die ÖWM arbeitet laut Yorke derzeit an einer großen Weintourismus-Kampagne, die im Juli starten und die Gastronomie sowie die Weinbaubetriebe inklusive Ab-Hof-Verkauf unterstützen soll. Kernelement der Kampagne, die bis in den Herbst hinein dauern soll, wird eine Website sein, die das weintouristische Angebot des Landes bündelt. Noch im Juni läuft auf die "G'spritzter"-Kampagne der ÖWM an, die mehr Österreicher zu den Wirten und Winzern locken soll.
International setzt man vor allem auf Online-Events, so soll etwa die Austrian Sommelier Competition New York von Juli bis August online über die Bühne gehen. Erste Veranstaltungen vor Ort plant die ÖMW für November in Russland und Kanada.
Ob eine weitere Verschiebung der Sperrstunde in der Gastronomie den Weinabsatz ankurbeln würde, wagte Schmuckenschlager nicht zu beurteilen. "Wo Wein konsumiert wird, geht sich das bis ein Uhr aus - wer es nicht schafft, soll früher beginnen."