Welches Geschäft hat nun eigentlich geöffnet und welches nicht? Zumindest diese Frage ist mit dem heutigen Tag einfach zu beantworten. Österreichs Handelsbetriebe dürfen wieder aufsperren, unabhängig von Größe und Branche. Nach dem ersten Lockerungsschritt nach Ostern folgt heute der zweite. Nach fast sieben Wochen Corona-Shutdown dürfen damit auch Einkaufszentren, Friseure sowie alle Geschäfte mit über 400 Quadratmeter Verkaufsfläche wieder aufmachen. Die Vorfreude ist groß. Der Weg für den viel zitierten „Neustart“ im österreichischen wird dennoch steinig, wie die vergangenen zwei Wochen zeigten. „Selbst jene Geschäfte, die bereits öffnen konnten, hatten laut KMU Forschung Austria Umsatzausfälle zwischen 70 und 90 Prozent zu verzeichnen“, betont Peter Buchmüller, Bundesobmann der Sparte Handel in der Wirtschaftskammer. Seine Hoffnung: „Da jetzt der gesamte Handel öffnen kann, freuen wir uns auf mehr Kundinnen und Kunden.“ Der Druck ist enorm, schließlich kostete jede Schließwoche „den Handel rund eine halbe Milliarde Euro Umsatz“, teilweise ist es zu Totalausfällen beim Umsatz gekommen, und das über Wochen.
Auch im Mai Rückgänge von 30 und 50 Prozent erwartet
Darüber, dass sich dieses Minus im Jahresverlauf noch aufholen lässt, macht sich niemand eine Illusion. Laut dem Handelsverband gehen viele stationäre Händler in Österreich auch im Mai von Umsatzrückgängen zwischen 30 und 50 Prozent – im Vergleich zum Vorjahr – aus. Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbands, hat daher zuletzt eine vorgezogene Steuerreform eingemahnt, um so den Konsum durch eine höhere Kaufkraft anzukurbeln. „Die Coronakrise hat das Konsumverhalten nachhaltig verändert. Umso wichtiger ist es, jetzt den rot-weiß-roten Konjunkturmotor mit einer Steuerreform anzuwerfen“, lautete Wills Appell zu Wochenbeginn.
Gastronomie fehlt
Die Konsumlaune im Land hängt freilich noch mit anderen Faktoren zusammen, die sich wohl noch nicht so schnell ändern lassen. Die Rekordarbeitslosigkeit in Kombination mit 1,2 Millionen Beschäftigten in Österreich, die in Kurzarbeit sind bzw. für die Kurzarbeit angemeldet wurde, sorgt naturgemäß dafür, dass weniger Geld verfügbar ist. Eine weitere offene Frage: Wie ist es um die Einkaufslust der Konsumenten bestellt? Als Wermutstropfen in Einkaufsstraßen und -zentren gilt auch der Umstand, dass die Gastronomie erst Mitte Mai aufsperren darf, damit fehlt vorerst noch ein wichtiger Frequenzbringer.
Rabatte bringen Deckungsbeiträge unter Druck
Für Unmut unter vielen kleineren regionalen Händlern sorgt auch der Umstand, dass sich bereits im Vorfeld der Lockerungen – auch aufgrund der vollen Lager sowie teilweise liegen gebliebener Saisonware – eine Rabattschlacht abgezeichnet hat. Das kann zwar da und dort die Umsätze und Kundenfrequenzen ankurbeln, führt aber dazu, dass die vielfach ohnehin geringen Deckungsbeiträge weiter sinken. Der Appell, verstärkt bei regionalen Fachhändlern einzukaufen, hallt lauter denn je durch das Land.
Diese Sicherheitsmaßnahmen sind zu beachten
Buchmüller appelliert auch hinsichtlich der Sicherheitsmaßnahmen an die Kunden: Es gelte, sich weiterhin vorbildlich daran zu halten. „Dazu gehören die Mund-Nasen-Schutzmasken, die Verwendung von Einkaufswagen, das Abstandhalten in den Gängen, vor den Regalen und an der Kassa.“ All das diene dazu, das Coronavirus weiter einzudämmen. „Deshalb ist es ganz, ganz wichtig, alle Hygienevorschriften einzuhalten“, sagt Buchmüller. Pro Kunde müssen in Ladengeschäften laut Verordnung zehn Quadratmeter zur Verfügung stehen, davor waren es 20. In der Branche sorgte das für Erleichterung, schließlich bedeute das, „dass sich wieder mehr Kunden gleichzeitig in Geschäften aufhalten können.“
Mai als "Monat X" für die Friseure
„Der Mai ist für unsere Friseure der Monat X, viele sind für die ersten Wochen gut gebucht. Das bedeutet, dass dies auch gleichzeitig die Nagelprobe dafür ist, wie sich die gesetzten Maßnahmen in der Praxis bewähren“, betont Wolfgang Eder, Bundesinnungsmeister der Friseure. Auch sie dürfen ab heute wieder öffnen. Für Kunden gilt also, möglichst vorher einen Termin zu fixieren, den Betrieben wurde empfohlen, dort, wo noch nicht vorhanden, digitale Buchungssysteme anzubieten, sagt Eder.
„In den Startlöchern“, wie es Bundesinnungsmeisterin Dagmar Zeibig ausdrückt, stehen auch Österreichs Fußpfleger, Kosmetiker, Masseure, Nagelstudios, Piercer und Tätowierer, Visagisten und Heilmasseure. Sie dürfen nun ebenfalls wieder Kunden begrüßen, die Wartelisten sind hier vielfach ebenfalls schon sehr lange. Probleme mit den Sicherheitsvorschriften werden nicht erwartet. „Aufgrund der schon bisher sehr hohen Hygienestandards aus den ohnehin geltenden Ausübungsregeln können wir routiniert in die neue Zeit starten“, sagt Zeibig.