Kroatien hat wenig mehr als 2000 mit dem Coronavirus Infizierte und unter 100 Todesfälle gemeldet. Hilft das beim Hochfahren des Tourismus?
GARI CAPPELLI: Kroatien befindet sich in einer sehr, sehr guten Lage. Die Resultate zeigen das sehr gut: Wir haben die Krankheit unter Kontrolle.
Was bedeutet das für den Tourismus, der für Kroatien existenziell wichtig ist?
Wir haben vor kurzer Zeit eine Konferenz in Zagreb mit den europäischen Tourismusministern organisiert zur Frage, wie Menschen in Europa künftig reisen könnten. Natürlich befinden sich nicht alle Länder auf dem gleichen Niveau, manche haben mehr Erkrankte, diese Länder könnten sich später anschließen. Und es gibt ja auch die Möglichkeit, bestimmte Fragen mit bilateralen Protokollen zu klären.
Unter welchen Bedingungen sollen dann die Grenzen nach Kroatien aufgehen?
Wir haben ein großes Interesse, dass man auf EU-Ebene eine Vereinbarung beschließt. Aber es gibt Länder, die haben größere Probleme – und welche, die haben weniger Probleme. Dafür müsste man auch bilaterale Vereinbarungen mit verschiedenen Ländern schließen. Es ist auch so, dass in manchen Ländern etwa Reiseveranstalter einen gewissen Druck auf die Politik ausüben, damit auch Menschen zu uns reisen können.
Welche Länder könnten für eine Grenzöffnung vorpreschen?
Ein gutes Beispiel ist Slowenien. Es gibt über 110.000 slowenische Staatsbürger, die Ferienhäuser in Kroatien besitzen. Wir werden daher mit Slowenien verhandeln, dass man die Grenzen so früh wie möglich öffnet. Während des Monats Mai werden wir mit allen interessierten Ländern verhandeln, aber zur gleichen Zeit auch versuchen, ein Einvernehmen auf EU-Ebene zu erzielen.
Also parallel verhandeln – auf EU-Ebene und mit den betroffenen Staaten wie Deutschland, Slowenien, Österreich, Tschechien?
Es gibt Länder, von denen die Initiative ausgeht. Es gibt auch Länder, wo wir selbst sehr interessiert sind, Vereinbarungen zu schließen, etwa mit Österreich. Für Österreicher ist Kroatien ein sehr beliebtes Urlaubsziel. Wir hatten letztes Jahr 7,5 Millionen Übernachtungen von österreichischen Touristen.
Bis wann sollen die Grenzen für Österreicher aufgehen?
Das werden wir im Mai sehen, wir müssen uns Zeit lassen für die Epidemiologen – unsere und die anderer Länder. Um zu entscheiden, was die sicherste und beste Lösung wäre.
Was werden Voraussetzungen für die Einreise sein?
Das klären die Epidemiologen. Man sieht jetzt von einem Tag auf den anderen, dass große Fortschritte gemacht werden, auch bei der Durchführung der Tests. Wir müssen darüber nachdenken, wie man das am besten lösen kann.
Inwieweit muss Slowenien dabei mitspielen, es wird ja etwa bei Tschechien an eine Korridorlösung nach Kroatien gearbeitet.
Es gibt Gespräche mit Slowenien, wie man diese Grenze öffnen könnte. Man spricht auch darüber, dass Slowenien jene Urlauber, die nach oder aus Kroatien reisen, durch das Land passieren lässt. Natürlich wird das aber den Slowenen überlassen, da diese selbst entscheiden, inwieweit diese an solch einer Lösung mitwirken.
Mit Tschechien ist ja bereits eine Korridorlösung angedacht – wie kam es dazu?
Das war eine Initiative der tschechischen Reiseveranstalter, die eine Lösung dafür finden wollten, damit Tschechen Kroaten besuchen können.
Erwarten Sie heuer nur Auto-Reisende oder auch welche, die mit dem Flugzeug kommen?
Wir sind im Vergleich zu anderen Reisedestinationen bekannt, dass man Kroatien mit dem Auto gut erreicht. 70 Prozent kommen mit dem Auto zu uns. Das war bis jetzt ein Nachteil – in dieser Situation ist das zu unserem Vorteil geworden.
Gerade Dubrovnik und Süddalmatien erreicht man viel schneller mit dem Flugzeug.
Wir arbeiten mit der Croatia Airlines zusammen, schon ab 11. Mai werden die ersten Flugzeuge wieder zwischen Zagreb und Dubrovnik fliegen. Nach der Öffnung der Grenzen wird es auch möglich sein, auch von außerhalb des Landes nach Kroatien zu fliegen.
Wie bereitet man sich in Zagreb darauf vor, dass Kroatien-Urlauber sicher sind – etwa am Strand und in Restaurants?
Alles, was die Grenzen und Abkommen betrifft, wird im Mai geklärt. Hinsichtlich der verschiedenen Arten der Unterkünfte – vom Hotel bis zu privaten Unterkünften – werden wir schon in der nächsten Woche im Detail festlegen, was zu unternehmen ist, damit die Gäste einen schönen und sicheren Urlaub bei uns haben können.
Und was ist mit den Stränden? Italien denkt ja etwa an Sicherheitslösungen mit Plexiglas.
Bei den Stränden wird es bei uns zu keinen Problemen kommen, weil Kroatien sehr viele Strände hat. Jeder Gast, der kommen will, hat von vornherein einen Teil für sich. Auch für Menschen, die mit Booten nach Kroatien kommen – wir haben über 1000 Inseln – wird es genug Raum für alle geben.
Könnte Kroatien im Sommertourismus 2020 mit einem blauen Auge davonkommen?
Wir haben verschiedenste Analysen durchgeführt und mit Szenarien von minus 60, minus 75 und minus 90 Prozent gerechnet. Das zu einer Zeit, als die Situation mit der Pandemie sehr akut war. Heute glauben wir, dass diese Annahmen zu pessimistisch waren. Momentan sehen wir nicht sehr viele Absagen. Besonders während des August und September nicht, aber auch im Juli halten sich die Stornierungen in Grenzen.