"Ich kann bestätigen, dass wir heute Abend einen offiziellen Antrag auf staatliche Beihilfe an die ÖKB und COFAG gestellt haben", sagte AUA-Sprecher Peter Thier am Dienstagabend zur APA. Ein großer Teil der Summe bestehe aus rückzahlbaren Krediten, der andere Teil seien Zuschüsse, die noch zu verhandeln sind, so der Sprecher weiter.

Abgewickelt werden die Staatshilfen von der Corona-Finanzierungsagentur COFAG, die den 15 Milliarden Euro schweren Corona-Hilfsfonds verwaltet. Beantragt werden die Kredite daraus über die Hausbank. Im Fall der AUA handelt sich um eine Konsortium, an dem dem Vernehmen nach unter anderem Erste Bank und Raiffeisen beteiligt sind.

"Gegenstand von Verhandlungen"

Wie viel der 767 Millionen Euro als Kredit gewährt werden und viel als Zuschuss nicht zurückgezahlt werden muss, sei noch offen und Gegenstand von Verhandlungen, hieß es. Die COFAG wickelt im Hintergrund mehrere Garantieformen ab. Für Großunternehmen sind das bis zu 120 Millionen Euro, in Ausnahmefällen wie bei der AUA kann es auch mehr sein.

Bisher war medial kolportiert worden, dass die AUA 800 Millionen Euro braucht. Zuletzt war auch noch die Idee ins Spiel gebracht worden, dass sich die Republik beteiligen sollte, etwa direkt an der börsenotierten AUA-Mutter, der deutschen Lufthansa AG. Der "Kurier" nennt in seiner Mittwochsausgabe dafür 400 Millionen Euro an Eigenkapital. Der "Standard" wiederum berichtet am Mittwoch unter Berufung auf Insider, dass die Staatsholding ÖBAG für einen Einstieg bereit sei.

Standortgarantien

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sagte im ORF-"Report" am Dienstagabend, es werde für die Staatshilfen Vereinbarungen brauchen, insbesondere mit der AUA-Mutter Lufthansa. Gefragt, ob die Hilfen nur unter ökologischen Auflagen möglich sein werden, sagte Kogler: "Davon würde ich ausgehen." Es gehe aber um ein Gesamtpaket, das auch Standortgarantien und "bestimmte soziale Garantien" umfassen müsse.

Die Lufthansa wehrt sich gegen zu viel an staatlichem Einfluss und wälzt deshalb nicht nur für die AUA sondern auch sich selbst Insolvenzszenarien. "Wenn die Bundesrepublik zu große Einflussnahme auf operative Geschäftsaufgaben nehmen wollte, fordert das vielleicht die österreichische Regierung ebenso ein, dann möglicherweise auch die Schweiz, Belgien, Bayern oder Hessen", sagt Spohr in der "Zeit".

Anstelle des direkten Staatseinstiegs prüft die Lufthansa auch eine Insolvenz in Eigenverwaltung, wie ein Unternehmenssprecher bestätigte. Dieses sogenannte Schutzschirmverfahren könne zur Alternative werden, falls dem Konzern bei einem Staatseinstieg nicht wettbewerbsfähige Bedingungen beispielsweise durch hohe Kreditzinsen drohten.

Debatten über Staatshilfen für Lufthansa

Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder warnte am Dienstag vor unbeabsichtigten Folgen von zu weit gehenden Staatshilfen für die Lufthansa. "Wenn zu viel Staatshilfe einsteigt, dann werden sich auch andere Länder beteiligen", sagte der CSU-Chef am Dienstag in München. "Was ich nicht möchte, dass die Lufthansa nicht nur ein deutsches Staatsunternehmen wird, sondern möglicherweise am Ende dann sogar ein Unternehmen, das einem anderen Land gehört."

München ist neben Frankfurt das zweite Drehkreuz der Lufthansa in Deutschland. Weitere Drehkreuze unterhalten die Lufthansa-Töchter AUA und Swiss in Wien und Zürich. Vor allem Langstreckenverbindungen gelten als Standortfaktor. Österreichs türkis-grüne Regierung will deshalb vom Lufthansa-Vorstand insbesondere eine Garantie für den Erhalt der Langstrecke in Wien.

Laut Reuters soll das geplante konzernweite Lufthansa-Rettungspaket knapp 10 Milliarden Euro umfassen. Der Plan sieht demnach eine Mischung von Krediten und Eigenkapital in Deutschland sowie staatlichen Finanzhilfen von Österreich, der Schweiz und Belgien vor. In diesen Ländern ist die Lufthansa mit ihren Tochter-Fluglinien Austrian Airlines (AUA), Swiss und Brussels Airlines aktiv. Die AUA-Schwester Swiss kann Medienberichten zufolge mit staatlich verbürgten Krediten von 1,5 Milliarden Franken (1,4 Milliarden Euro) rechnen.

Es gebe zu den Staatshilfen noch keine Einigung, verlautete am Dienstagvormittag aus der deutschen Regierung. Nach weiteren dpa-Informationen wird nicht damit gerechnet, dass die Gespräche noch diese Woche mit einem Ergebnis beendet werden. Bei einem Unternehmen dieser Größe und der möglichen Höhe der Unterstützung müsse klug vorgegangen werden, hieß es in Deutschland.

Am Dienstag in der Früh war der Kurs der Lufthansa-Aktie zu Handelsbeginn zunächst deutlich gestiegen. Grund war ein Bericht des Online-Wirtschaftsmagazins "Business Insider" über eine angebliche Einigung auf Arbeitsebene. Danach soll die Bundesrepublik rund 9 Milliarden Euro in den angeschlagenen Konzern pumpen, mehr als Doppelte des aktuellen Börsenwerts. Dem Portal zufolge würde die Regierung als neuer Anteilseigner eine Sperrminorität und ein bis zwei Aufsichtsratsmandate bei der Lufthansa erhalten. Der Kurs gab die Gewinne im Tagesverlauf aber wieder ab und rutschte zeitweise sogar ins Minus.

Vorige Woche hatte Lufthansa einen ersten operativen Quartalsverlust von 1,2 Milliarden Euro berichtet und für die laufenden Monate noch höhere Summen angekündigt. Aus eigener Kraft könne man sich nicht mehr retten. Auch die Konkurrenten werden reihenweise von ihren Staaten gestützt: Air France KLM handelte ein staatliches Finanzpaket über insgesamt bis zu 11 Mrd. Euro mit den Niederlanden und Frankreich aus. Die US-Airlines werden mit einem milliardenschweren Finanzpaket des Staates in der Luft gehalten. Der britische Billigflieger Easyjet sicherte sich einen staatlichen Notkredit über 600 Mio. Pfund (688 Mio. Euro). Der britisch-spanische Luftfahrtkonzern IAG, zu dem British Airways und Iberia gehören, lehnte Staatshilfe hingegen ab. Auch Wizz Air und die Laudamotion-Mutter Ryanair erklärten, die Krise aus eigener Finanzkraft meistern zu können.

Flotte schrumpft

Die AUA hat in der Vorwoche einen Plan vorgelegt, der vorsieht, dass das Unternehmen mit derzeit 7000 Mitarbeitern, 80 Flugzeugen, 14,7 Millionen Passagieren und 2,2 Milliarden Euro Jahresumsatz um rund ein Viertel schrumpft. Ältere Flugzeuge werden in den Ruhestand geschickt. Darunter sind auch drei der zwölf Langstreckenflugzeuge, die dauerhaft stillgelegt werden. "Der Neustart-Plan sieht nun eine Flotte im Jahr 2022 von rund 60 Flugzeugen vor", teilte die Lufthansa-Tochter mit. Derzeit hat die AUA rund 80 Flugzeuge.

Bei den 7000 Mitarbeitern muss der Rotstift ebenfalls angesetzt werden, um die Schulden nach der Krise wieder abzubauen. "Zukunftsfit bedeutet auch, dass wir in der Lage sein müssen, unsere Flugzeuge, Gebühren, Löhne und Investitionen zu finanzieren und natürlich auch etwaige Belastungen und Kredite aus dem Corona-Grounding zurückzuzahlen", erklärte AUA-Chef Alexis von Hoensbroech in der Vorwoche. An jedem Flugzeug hängt eine bestimmte Anzahl an Mitarbeitern. Ob bei einem Viertel weniger Flugzeuge, auch ein Viertel der Belegschaft gehen muss, steht noch nicht fest.