Noch sind Exit-Strategien, wie die Wirtschaft aus ihrem Schockstarre-Zustand wieder hochgefahren werden soll, nicht in Sicht. Weder in Österreich noch in anderen europäischen Ländern. Die Zeit dürfte aber drängen, nicht zuletzt, weil es erste Anzeichen einer drohenden Deflation gibt.
Dieses Phänomen zurückgehender Preise scheut die Europäische Zentralbank (EZB) wie der Teufel das Weihwasser. Hält ein solcher Zustand länger an, richten geldpolitische Maßnahmen nämlich nichts mehr aus. Nichts war der EZB in den Jahren der Finanzkrise und der Eurokrise heiliger als das für ideal erachtete Inflationsziel von zwei Prozent. Die Zahl, die Eurostat am Dienstag veröffentlicht hat, ist davon weit entfernt: 0,7 Prozent – statt eines erwarteten Wertes von 1,2 Prozent. Im Mai könnte es gar keinen Preisauftrieb mehr geben.
Starker Einbruch
Der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank, Robert Holzmann, will eine Deflation nicht ausschließen. Bei der Präsentation der OeNB-Bilanz versicherte er allerdings, dass das Thema derzeit nicht im Zentrum der Überlegungen stehe. Die OeNB-Spitze geht von einer schrittweisen Rücknahme der Beschränkungen ab Mitte April aus. Selbst auf Basis dieses optimistischen Szenarios – Holzmann bezeichnete es als „moderat“ – bräche die Wirtschaftsleistung in Österreich massiv ein, nämlich um 4,4 Prozentpunkte.
Statt eines Wachstums um 1,2 Prozent sei daher heuer mit einem Wirtschaftsrückgang um 3,2 Prozent zu rechnen. Dauerten die Maßnahmen länger, fiele der Rückgang noch drastischer aus. Aktuell gehen die OeNB-Ökonomen allerdings schon für 2021 wieder von überdurchschnittlichem Wachstum aus.
Ein finanzieller Flaschenhals bei den Banken droht jedenfalls nicht. Die Geldinstitute stehen viel besser da als während der Finanzkrise. Ihre finanziellen Polster sind gut. Durch gewisse Lockerungen der strengen Kapitalregeln können Österreichs Banken in der jetzigen Krise auf Reserven „jenseits der 30 Milliarden Euro“ zurückgreifen, so Vize-Gouverneur Gottfried Haber. Etwa zehn Mal so viele Kredite könnten die Banken auf dieser Basis vergeben. Die Bankenaufsicht werde „ihren Spielraum bei Maßnahmen nutzen, um den Banken vorübergehend regulatorische Erleichterungen zuzugestehen“, kündigte er an.
Banken sollen Reserven schützen
Haber warnte dennoch davor, die Banken angesichts ihrer aktuellen Stärke als „Fass ohne Boden“ zu betrachten. Man müsse sehr wohl aufpassen, dass der Bankensektor nicht angesteckt werde. Wie er in einem Jahr tatsächlich dasteht, das wird dann ein Stresstest zeigen. Ursprünglich hätte der heuer stattfinden sollen, wurde aber verschoben.
In der Diskussion um Bonuszahlungen und Dividenden schließt sich die OeNB der EZB-Marschroute an. Die hatte Banken Zurückhaltung empfohlen, um ihre Reserven zu schützen.
Die Nationalbank selbst weist für 2019 eine gute Bilanz vor. Dem Bund überweist sie aus ihrem Gewinn 248 Millionen Euro, unter Einbeziehung der Körperschaftsteuer sogar 278 Millionen Euro.
Claudia Haase