"Ich bedanke mich bei den großen Supermarktketten in Österreich, mit denen wir seit einer Woche an diesem Projekt arbeiten", sagte Kanzler Sebastian Kurz Montagvormittag, als er mit Regierungskollegen die jüngsten Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus ankündigte.
Ab Mittwoch, so gab Kurz als Ziel aus, sollten Österreichs Supermaktketten nur noch mit einer Maske, einem Mund-Nasen-Schutz, betreten werden, um zu verhindern, dass eventuell Infizierte andere Menschen anstecken.
So weit, so gut. Doch wie die Reaktionen aus dem Handel zeigen, dürfte die Abstimmung mit den Unternehmen nicht optimal gelaufen sein. Nicht nur der Geschäftsführer von "Nah & frisch", Hannes Wuchterl, zeigte sich überrumpelt von der Ankündigung von Kanzler und Minister, dass der Handel die Masken besorgen und gratis verteilen solle: "Es gab keinerlei Vorabinformation für uns als Nahversorger im ländlichen Bereich."
Spartenchef nicht eingeweiht
Auch Peter Buchmüller, Spartenchef in der Bundeswirtschaftskammer, widersprach der Darstellung von Kurz. "Mit der Sparte Handel wurde über diese Maskenpflicht nicht gesprochen, also ich habe die Information aus den Medien," sagte Buchmüller Montagabend in Radio Ö1. Der Handel werde mit der Regelung, wonach die Masken von den Lebensmittelhändlern selbst an die Kunden ausgehändigt werden müssen, organisatorisch überfordert. Bereits davor hatte Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes, Zweifel aufkommen lassen, dass bis Mittwoch ausreichend Masken aufgetrieben werden könnten und nannte als wahrscheinlicheren Zeitpunkt frühestens Ende der Woche.
Handelsverband fordert Entschädigung
"Das stellt viele Händler vor eine große Herausforderung, da es weiterhin Lieferengpässe gibt", betont Will. Der Handelsverband geht von einem Bedarf von vier Millionen Masken pro Tag aus. "Viele Handelsbetriebe, insbesondere kleine und mittlere Betriebe sowie selbstständige Kaufleute, aber auch andere Nahversorger wie Bäcker, Reformhäuser oder Tierfutterhändler, werden frühestens in den kommenden Wochen mit der Ausgabe an die Kunden starten können." Will fordert darüber hinaus eine Entschädigung dafür, dass die Masken beschafft und gratis ausgegeben werden müssen.
Spar orderte 20 Millionen Masken
Auch ein Rundruf der Kleinen Zeitung bei den großen Handelsketten des Landes zeigt, dass offenbar Verunsicherung herrscht. Einhellig betonen die Unternehmen zwar, ausreichend Masken und Handschuhe bestellt bzw. vorrätig zu haben, um die eigenen Mitarbeiterinnen ausrüsten und schützen zu können. Viel schwieriger ist es aber, in der kurzen Zeit auf dem internationalen Markt genügend Masken auch für die Kunden zu bekommen.
Für Spar seien rund 20 Millionen Masken auf dem Weg nach Österreich, erklärte Sprecherin Nicole Berkmann der Kleinen Zeitung. Auch Lidl versucht, "dem Wunsch der Regierung nachzukommen. Sie stellt uns hier allerdings vor große Herausforderungen. Selbst Krankenhäuser und Blaulicht-Organisationen können den Bedarf im Bereich der MNS-Masken nicht decken". Es gebe zwar einen Liefertermin, heißt es auf Anfrage weiter, "aber in Zeiten wie diesen kann sich der jeden Tag ändern".
Masken selbst nähen
Auch Hofer erwartet eine Lieferung "in den nächsten Tagen", genaueres ist nicht zu erfahren. Rewe Österreich betont fast wortgleich, man werde "unseren Kunden in den nächsten Tagen, sobald die Lieferkapazitäten vorhanden sind", an allen Standorten (Billa, Merkur, Penny, Bipa, Adeg) Mund-Nasen-Schutzmasken anbieten. Ein erstes Kontingent werde gratis zur Verfügung gestellt. Schließlich verweisen alle Handelsketten auf die Möglichkeit, beim Einkauf von zuhause mitgenommene oder selbst produzierte Masken zu verwenden.
Wer verteilt die Masken?
Noch nicht geklärt scheint weiters die Frage der Verteilung an den Eingängen der Supermärkte. Klar ist zwar, dass pro Kunde eine Maske ausgegeben werde, aber noch nicht, von wem: "Derzeit finden Gespräche mit Vereinen und freiwilligen Feuerwehren statt, um eine geordnete Ausgabe sicherzustellen und ,Kunden-Staus' mit zu geringen Abständen an den Eingängen zu vermeiden", erklärt etwa die Spar-Sprecherin Berkmann. Von Rewe, Hofer und Lidl gab es auf diese Frage bis dato noch keine Antwort.
Nicht zuletzt deshalb der dringende Appell der Supermarktketten an die Konsumenten: "Kommen Sie bitte nur einzeln einkaufen!"