Geschäfte, Restaurants, Hotels geschlossen, Büros weitgehen leer. Wie überstehen jetzt Ihre Corona-gelähmten Kunden die Mietkosten?
FRIEDRICH WACHERNIG: Bei uns sind zum Teil Konzerne eingemietet und diese haben auch Rücklagen, um eine gewisse Zeit durchzutauchen, das trifft besonders auf Marriott zu. Kleine Unternehmen haben es schwieriger. Wer nicht vorgesorgt hat, den trifft es hart, aber es gibt von allen Staaten Zusagen, dass Kleinunternehmer finanziell und steuerlich gefördert. Man darf sich nicht nur von den negativen Dingen erschlagen lassen, sondern soll auch die positiven Ding sehen, wo es wieder aufwärts geht. Die Marriott-Hotels in China sind schon wieder offen und werden wieder gebucht.
Halten Sie die Maßnahmen der Bundesregierung zur Absicherung der Mieten für ausreichend?
Kleine Geschäfte, Einpersonenunternehmen oder Kunstschaffende haben keine Einnahmen, denen wird jetzt im Härtefonds entgegengekommen, um Grundbedürfnisse abzufedern.
Mit 6000 Euro in drei Monaten aus dem Härtefonds wird nicht jeder betroffene Kleinstunternehmer Lebenskosten und Geschäftsmiete abdecken können. Wie gehen Sie da vor?
Das wird man individuell von Fall zu Fall ansehen, um konstruktive Lösungen zu finden. Bei Zahlungsverzug durch auftretende Probleme gehen wir in allen Ländern sehr partnerschaftlich vor, das sind wir unserem Ruf verpflichtet, nicht den letzten Cent herauszuquetschen und wir schauen, dass wir die Mieter in unseren Objekten halten können.
Privaten Mietern sollte in solchen Notlagen nicht gekündigt werden dürfen, für viele wird es dennoch knapp werden.
Ich glaube gerade bei den privaten Mieten wird es am wenigsten eng. Bei den Wohnungsmieten wird man in Einzelfällen, wo es notwendig ist, Entgegenkommen mit Stundungen prüfen. Härtefälle wird auch hier die Regierung abzudecken haben. Wir haben in Deutschland 70 Häuser in Berlin mit einer Durchschnittsmiete von 7,40 Euro, das ist sehr moderat im Vergleich zu anderen Städten. Hier hat die deutsche Regierung erklärt, dass niemand gekündigt werden darf, um den Leuten Sicherheit zu geben. Auch in Österreich wird jetzt niemand aus einer Wohnung hinaus müssen.
Auch in der Immobilienbranche werden Vermieter unter gehörigen Druck geraten, wenn dennoch Mieten ausbleiben, aber Kapitalkosten gnadenlos weiterlaufen.
Auch hier kann man die Kosten reduzieren, da sind die Banken mit Stundungen gefordert, denn auch die Banken wollen in Zukunft weiter finanzieren. Wenn die „Quarantäne“ in hoffentlich naher Zukunft wieder aufgehoben sein wird, werden die Menschen die Ärmel rasch wieder aufkrempeln. Da soll man die Resilienz, die Widerstandsfähigkeit der Menschen nicht unterschätzen. Die Welt wird nach Corona eine andere sein, aber die muss nicht schlechter sein. Die Flexibilität sehen wir allein daran, wie schnell das Homeoffice funktioniert hat. Geschäfte haben auf Lieferservice umgestellt. Anstatt sich berieseln zu lassen, sind wir jetzt gezwungen, selbst aktiv zu werden. Das wird sehr viel Kreativität hervorbringen. Ja, die nächsten Wochen werden eine sehr harte Zeit, aber danach wird es neue Entrepreneurship geben. Jeder ist jetzt gefordert, sein Geschäftsmodell zu überdenken. Man soll die Kraft, die in Menschen steckt, Neues hervorzubringen, nicht unterschätzen.
Der Homeoffice-Boom dürfte den Bedarf an teuren Innenstadtbüros spürbar reduzieren.
Auch das glaube ich nicht. Es wird einen Umdenkprozess geben. Man wird Homeoffice anders sehen als bisher, wo man gedacht hat, die Mitarbeiter würden daheim Rasenmähen. Dieses subtile Misstrauen wird jetzt abgebaut und da müssen auch gewerkschaftliche Denkweisen aufbrechen. Homeoffice ist Teil der Lifebalance und es wird auch wieder mehr Arbeit am Land ermöglichen. Aber man wird sich weiterhin auch persönlich in Büros treffen wollen und müssen, auch in neuen Open Space Räumen. Die Quarantäne zeigt, wie groß das Bedürfnis nach sozialer Nähe ist, wenn man einmal getrennt ist. Man sieht auch, dass über Social Media auch viel mehr konstruktive Beiträge als Hasspostings kommuniziert werden. Zurückgehen werden Dank der Videokonferenzen Gottseidank die vielen Flugreisen. Da überwiegen die Vorteile. Wenn in naher Zukunft das Coronaproblem medizinisch gelöst sein wird, werden wir auch gesellschaftlich ein Stück weiter sein.
Wie sieht nach dem Rekordergebnis der s immo im Jahr 2019 Ihr Ausblick für das „Corona-Jahr“ 2020 aus.
Es wird jedenfalls kein neues Rekordergebnis sein. Was es bringen wird, ist nach drei Wochen der Situation mit dem Korona-Virus noch zu ungewiss.
In den ersten zwei Wochen hat die s-immo-Aktie ihre vorjährige Rekordperformance im ATX an der Wiener Börse von über 50 Prozent Kursgewinn wieder verloren.
Diese Aktienrallyes beunruhigen mich schon lange nicht mehr. Auch in der Finanzkrise ist der Kurs dramatisch abgesunken. Da muss man kühlen Kopf bewahren und das tun wir mit einem krisenerprobten Team seit vielen Jahren. Man hat den Verlust nur, wenn man ihn realisiert, das tun ja hoffentlich die Wenigsten. Wir sind fundamental stark aufgestellt. Es wird nach der Corona-Krise wieder viele Chancen geben.
Der Investor Ronny Pecik hat im Februar 10,7 Prozent am Mitbewerber Immofinanz übernommen. Mit dem Anteil der s immo wären das 23 Prozent an der Immofinanz. Das befeuert wieder Phantasien für eine Fusion, die im Vorjahr scheiterte.
Es ist viel zu früh, das anzusprechen. Diese Situation, dass Ronny Pecik die Anteile von Rudolf Fries übernommen hat und Oliver Schumy den Vorstandsvorsitz in der Immofinanz abgegeben hat, ist neu. Natürlich könnte ein Zusammenschluss funktionieren. Aber Ronny Pecik ist ein Aktionär und wir haben im Interesse aller Aktionäre zu agieren. Wir werden im heurigen schwierigen Jahr alles daran setzen, die Kosten zu reduzieren, damit wir 2021 voll durchstarten können. Wir werden auch diese Krise so durchstehen, dass man sich auf uns als Landlord verlassen kann.
Zur Person
Friedrich Wachernig stammt aus Friesach und ist seit 2007 Finanzvorstand des Immobilienkonzerns s immo AG in Wien.
2019 erzielte die s immo AG 213 Millionen Euro Gewinn. An der Wiener Börse war die s-immo-Aktie 2019 ATX-Bestperformer mit ca. 50 Prozent Kursanstieg. Nun leidet sie wie der gesamte Markt an den Corona-Turbulenzen.
Fusion mit Immofinanz nun wieder im Gespräch.
Adolf Winkler