In der Vorwoche ließ Rewe Österreich (Billa, Merkur, Penny, Bipa und Adeg) aufhorchen. Bundesweit suche der Handelskonzern 1500 bis 2000 Kräfte, um die aktuellen Herausforderungen in der Lebensmittelversorgung zu stemmen, erklärte Rewe-Österreich-Chef Marcel Haraszti. Gleichzeitig schnellte in anderen Branchen die Zahl jener, die beim AMS zur Kündigung angemeldet wurden, in die Höhe.
Der Andrang auf die Jobs im Lebensmittelhandel ist enorm, zeigt eine Recherche der Kleinen Zeitung. Rewe-Sprecher Paul Pöttschacher erklärt: "Für die 2.000 ,helfenden Hände', die wir je nach Entwicklung der Lage und regional unterschiedlich akut und auf längere Sicht als Unterstützung benötigen, haben sich schon in den ersten Tagen nach dem Aufruf nicht weniger als rund 15.000 Bewerber gemeldet."
Homepage überlastet
Diese große Unterstützungswelle habe man in dem Ausmaß nicht erwartet, so Pöttschacher. "Der Andrang hat sogar kurzfristig dazu geführt, dass unsere Homepage überlastet war." So berichteten in den vergangenen Tagen mehrere Bewerber auch der Kleinen Zeitung, dass es sie verwundere, keine Rückmeldung zu bekommen, wo doch der Bedarf an Arbeitskräften so hoch sei.
"Wir möchten uns bei allen ausdrücklich entschuldigen, bei deren Bewerbung nicht alles optimal funktioniert hat", erklärt Rewe und betont: Auf Basis "regelmäßiger Bedarfsprüfungen in unseren Filialen" nehme man laufend mit weiteren Bewerbern Kontakt auf, "um kurzfristig, für die nächsten Wochen und darüber hinaus gerüstet zu sein". Mitarbeiter würden immer wieder gesucht - für neue Märkte oder um die natürliche Fluktuation (Pensionierungen, Abgänge) auszugleichen.
Durch "beschleunigte interne Prozesse" hätten schon rund 1300 neue Mitarbeiter ihre Tätigkeit bei Rewe aufgenommen. Formal korrekt angemeldet, könnten neue Mitarbeiter in sehr kurzer Zeit starten. Es handle sich um "ordentliche Dienstverhältnisse mit regulärer Einstufung und regulärem Gehalt".
Kein Handelskonzern hat den Personalbedarf so offensiv kommuniziert wie Rewe. Der Grund: Auch die Mitbewerber suchen zwar neue Mitarbeiter, aber nicht in diesem Ausmaß. So erklärt Lidl der Kleinen Zeitung, derzeit Verstärkung vor allem für den Filialbetrieb zu suchen, aktuell seien auf dem Karriereportal 650 Stellen ausgeschrieben. Die Logistikzentren bekämen gerade tatkräftige Unterstützung durch das Bundesheer.
Handelsketten bitten um Geduld
Die Soldaten helfen auch bei Hofer aus, wie die Handelskette mitteilt. Der Marktführer unter den Diskontern könne seinen Personalbedarf derzeit aber größtenteils selbst decken, da Kollegen und Kolleginnen aus der Hauptniederlassung und Zweigstellen freiwillig in den Lagern und Filialen mitanpacken würden. Doch betonen sowohl Lidl, als auch Hofer, Bewerbungen zu beantworten, bedingt durch das große Interesse bitte man aber um Geduld.
Händler helfen sich gegenseitig
Denn dazu kommt jetzt auch eine massive Unterstützung durch den Handelsverband und dessen Initiative "Händler helfen Händlern", wie die freie Interessensvertretung auf Anfrage erklärt.
"Bis jetzt wurden über unsere Plattform rund 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von dutzenden Firmen als verfügbar gemeldet, darunter kika/Leiner, aber auch Modehändler, Kfz-Großhändler, viele kleine und mittelgroße Handelsbetriebe und einzelne Filialen aus verschiedensten Branchen. In der Pipeline sind weitere 1.000 Arbeitskräfte – in den betreffenden Unternehmen wird zurzeit noch die Corona-Kurzarbeit als Variante evaluiert", erklärt Handelsverbands-Geschäftsführer Rainer Will.
Die Personalangebote seien an rund 20 Händler übermittelt worden, die lebensnotwendige Güter führen, darunter die größten heimischen Lebensmittelhändler und Drogeriemärkte, aber auch Händler im Bereich Tierbedarf, Bäckereien und Trafiken. Bundesweit seien 4.000 Jobs im Lebensmittelhandel ausgeschrieben, um die Mitarbeiter zu unterstützen. Wills Fazit: "Wir erleben gerade eine unglaubliche Welle der Solidarität innerhalb der Handelsbranche." Das stimme für die Zukunft zuversichtlich.
Kika/Leiner-Chef will anpacken
Alleine der Möbelhändler kika/Leiner konnte seinerseits 500 seiner Beschäftigten motivieren, vorübergehend im Lebensmittelhandel zu arbeiten. Sogar der Vorstandschef des Unternehmens, Reinhold Gütebier, erklärte sich bereit, jederzeit beim Nachfüllen von Regalen helfen zu wollen, wie er vorigen Donnerstag in der ORF-Sendung "Eco" in die Kamera sagte: "In meiner Generation ist so etwas selbstverständlich. Mich spornt das an", so Gütebier. Bis jetzt ist es dazu noch nicht gekommen, erklärt eine Unternehmenssprecherin auf Nachfrage. Aber das Angebot sei ernst gemeint gewesen. "Herr Gütebier möchte das machen. Es geht ihm darum, Solidarität zu zeigen und Vorbild zu sein."
Prämien
Apropos Solidarität. Den Beschäftigten in den Supermärkten, zu mehr als zwei Drittel weiblich, winken für ihren besonderen Einsatz in dieser Zeit Prämien.Spar hat bereits rund drei Millionen Euro an die betroffenen Mitarbeitergruppen ausbezahlt. Bei Rewe bekommen 40.000 Beschäftigte einen Bonus auf ihre Mitarbeiterkarte, in Summe macht das Unternehmen einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag locker.
Das Mindestgehalt für Vollzeitangestellte im Einzelhandel liegt derzeit im alten Kollektivvertrag bei 1.675 Euro brutto pro Monat, im neuen KV macht es 1.714 Euro brutto aus. Allerdings arbeitet ein Großteil Teilzeit.