Die deutsche Wirtschaft kann nach Prognose des Ifo-Instituts heuer wegen der Corona-Krise stark schrumpfen. Bei größeren Produktionseinschränkungen sei ein Einbruch der Wirtschaftsleistung um sechs Prozent denkbar, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest am Donnerstag in München. Wenn es nicht ganz so schlimm werde, könne das Minus bei nur 1,5 Prozent liegen.
"Sowohl die Unsicherheit als auch die Abwärtsrisiken sind sehr groß", sagte Fuest. "Niemand weiß genau, wie sich die Absagen und Schließungen wirtschaftlich auswirken." Der weitere Verlauf der Konjunktur hänge stark von den Maßnahmen zur Eindämmung der Epidemie und von Entscheidungen in anderen Ländern ab.
Schlechtes Geschäftsklima
Auch in den deutschen Führungsetagen schürt die Coronavirus-Krise die Furcht vor einer kräftigen Rezession. Die Stimmung der befragten Manager fiel im März auf den tiefsten Stand seit Mitte 2009, wie das Ifo-Institut am Donnerstag mitteilte. Der Ifo-Geschäftsklimaindex sank nach vorläufigen Ergebnissen auf 87,7 Punkte, nach 96,0 Zählern im Februar. "Die deutsche Wirtschaft stürzt in die Rezession", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. "Insbesondere die Erwartungen der Unternehmen für die kommenden Monate verfinsterten sich wie nie zuvor."
Auch die Einschätzungen zur Lage seien deutlich gefallen. "Die Inkubationszeit ist vorüber, das Virus hat Deutschland voll im Griff", sagte DekaBank-Ökonom Andreas Scheuerle. Thomas Gitzel von der VP Bank sagte: "Ganz ehrlich: Insgeheim war sogar ein noch deutlicherer Absturz zu erwarten gewesen. Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass der Rückgang im Monatsvergleich atemberaubend ist. Dies lässt erahnen wie hart die deutsche Wirtschaft von den Folgen des Coronavirus getroffen wird. Dabei darf es kein Trost sein, dass es andere Volkswirtschaften möglicherweise noch härter treffen wird. Das bedeutet nämlich, dass im Moment auch kein anderes Land deutsche Waren kauft. Wir erleben derzeit einen außerhalb von Kriegszeiten noch nie da gewesenen Stillstand der globalen Wirtschaft."
Niedrigster Stand seit 2009
Im Verarbeitenden Gewerbe ist der Geschäftsklimaindex auf den niedrigsten Stand seit August 2009 gefallen. "Einen stärkeren Rückgang gab es im vereinigten Deutschland noch nie", betonte Fuest. Der Rückgang der Erwartungen sei mit Blick auf 70 Jahre Umfragen in der Industrie historisch einmalig. Im Dienstleistungssektor sei der Geschäftsklimaindikator so stark gefallen wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnung 2005.
Notenbanken aus aller Welt greifen der Wirtschaft in der Viruskrise derzeit unter die Arme. So legt die Europäische Zentralbank (EZB) ein Notfallprogramm mit umfassenden Anleihenkäufen von 750 Milliarden Euro auf.
Das Ifo will die endgültigen Ergebnisse seiner monatlichen Umfrage unter 9.000 Unternehmen am 25. März bekanntgeben. "Angesichts der ungewöhnlichen Lage" wegen der Virus-Pandemie legten die Münchner Forscher nun erstmals seit Beginn der Erhebung 1949 vorläufige Daten vor. Für das Geschäftsklima werden Manager aus Industrie, Dienstleistungssektor, Baubranche sowie Groß- und Einzelhandel gebeten, ihre gegenwärtige Geschäftslage zu beurteilen und ihre Erwartungen für die nächsten sechs Monate mitzuteilen.