Angesichts der immer größeren Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Europa signalisiert die EZB Einsatzbereitschaft als Krisenfeuerwehr. Falls nötig, werde man weitere Impulse setzen, erklärte die Europäische Zentralbank am Mittwoch. Es gehe darum, "die Liquidität im Bankensystem zu sichern" und die "reibungslose Übertragung" der Geldpolitik in allen Ländern zu gewährleisten.
Die deutsche EZB-Direktorin Isabel Schnabel betonte in der "Zeit", die Währungshüter könnten "im Rahmen ihres Mandats alles tun", um Marktverwerfungen entgegenzutreten und so das Funktionieren der Geldpolitik zu sichern. Interventionen zur Stabilisierung der Anleihenmärkte seien bereits angelaufen, verlautete aus italienischen Notenbankkreisen.
So lange wie nötig
Damit wolle das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) geregelte Bedingungen sichern, sagte ein Insider in Rom. In diesem Rahmen kaufe die Zentralbank in Rom italienische Wertpapiere auf. Die Markteingriffe seien flexibel gestaltet und würden so lange andauern wie nötig. Das ESZB besteht aus der EZB und den nationalen Zentralbanken aller Staaten der Europäischen Union.
Die Stützungskäufe der italienischen Notenbank bremsten den Ausverkauf bei Staatsanleihen des besonders hart von der Viruskrise erfassten südeuropäischen Landes. Die Risikoaufschläge für zehnjährige italienische Anleihen zu vergleichbaren deutschen Bundespapieren hatten zeitweise den höchsten Stand seit eineinhalb Jahren erreicht, bevor durch die Stützungskäufe eine Entspannung einsetzte. Dem Insider zufolge sollen die Aktionen der EZB alle Zweifel beseitigen, die die Märkte möglicherweise noch an "der Art der vom EZB-Rat getroffenen Entscheidungen" hätten. EZB-Präsidentin Christine Lagarde alarmierte die Anleger vorige Woche mit der Äußerung, es sei nicht die Aufgabe der Notenbank, Risikoaufschläge einzuebnen. Später schob sie per Twitter nach: "Ich bin fest entschlossen, jedwede Fragmentierung in einem schwierigen Moment für die Eurozone zu vermeiden."
Risikoaufschläge unter Kontrolle
Laut Ökonom Richard McGuire von der Rabobank gibt das Staatsanleihenprogramm der EZB der Notenbank de facto einen Hebel in die Hand, die Risikoaufschläge unter Kontrolle zu halten: "Doch das ist nur eine kurzfristige Lösung." Zu dem jüngst beschlossenen Krisenpaket der EZB gehört auch eine Ausweitung der Anleihenkäufe um 120 Milliarden Euro bis zum Jahresende. Die Wertpapierkäufe waren in den vergangenen Jahren die stärkste Waffe der EZB im Kampf gegen eine schwache Konjunktur. Die Notenbank-Chefin stellte zudem in Aussicht, alle Flexibilität auszunutzen.
Aussagen des Österreichischen Nationalbankgouverneurs und EZB-Ratsmitglieds Robert Holzmann in einem Interview mit dem "Standard" (Mittwochausgabe) sorgten an den Finanzmärkten für Aufsehen. In einer knappen Aussendung am Mittwochvormittag verwies Holtzmann dann aber auf den sehr gut gefüllten "Instrumentenkasten" der EZB zur Krisenbekämpfung. EZB-Vizepräsident Luis de Guindos kündigte bei Bedarf mutige Schritte an.
Corona-Anleihe
Unterdessen kamen an den Märkten Spekulationen auf eine mögliche gemeinsame Emission in der Eurozone auf. Der Hintergrund: Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte plädiert Regierungskreisen zufolge für spezielle "Coronavirus-Bonds" oder einen europäischen Garantiefonds der Staatengemeinschaft. Damit soll finanziell klammen Mitgliedstaaten bei den für die Eindämmung erforderlichen Ausgaben unter die Arme gegriffen werden.
Die Idee von Euro-Bonds, also gemeinsamen Staatsanleihen aller Euro-Ländern, ist seit Entstehung der Staatengemeinschaft in der Debatte. Bisher hat Deutschland sich vehement dagegen ausgesprochen. Bisher begibt jedes Land ausschließlich eigene Anleihen - mit der Konsequenz, dass hoch verschuldete Staaten teils extrem hohe Zinsen zahlen müssen. Staaten mit guter Bonität wie Deutschland kommen dagegen günstiger an frisches Geld.
Konsequente Signale
Laut dem Chef des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest, droht den Staatsfinanzen im Euroraum "akute Gefahr". Bei hoch verschuldeten Ländern könne es zu einem Kollaps des Vertrauens kommen, schrieb er in einem Gastbeitrag im "Handelsblatt". Die Staaten des Euroraums einschließlich der EZB müssten klar signalisieren, dass alle Länder konsequent gestützt würden und Ausfälle bei Staatsschulden ausgeschlossen seien.
Das am 12. März von der EZB geschnürte Krisenpaket dient dazu, den Kreditfluss in der Wirtschaft zu sichern. So konnten sich Banken jüngst Geldspritzen zu sehr günstigen Zinskonditionen sichern. Anders als vom Finanzmarkt erwartet, wurde allerdings keine Zinssenkung auf den Weg gebracht - allerdings hat die EZB hier kaum mehr Spielraum.
Ihr Schlüsselzins zur Versorgung der Institute mit Geld liegt bei null. Auch der Einlagensatz - eine Art Strafzins für Banken, die Geld bei der EZB horten - ist bereits bei minus 0,5 Prozent. Zinssenkungen schloss EZB-Chefin Lagarde für die Zukunft aber nicht aus. Wenn dies nötig sei, "werden wir das machen", sagte sie nach der jüngsten Zinssitzung.