Bisher rechneten Wirtschaftsforscher damit, dass der Ausbruch des Coronavirus für Österreich nur geringe Auswirkungen haben würde. Die wirtschaftlichen Verflechtungen mit China sind eher gering. In Zahlen beziffert die Industriellenvereinigung den BIP-Verlust mit 569 Millionen Euro. Dies entspricht 0,15 Prozent der Bruttowertschöpfung im Jahr 2020, erklärt Christian Helmenstein, IV-Chefökonom.
"Kurzfristig führt die COVID-19-Epidemie zu einem auch in Österreich spürbaren Verlust an wirtschaftlicher Dynamik", sagte der Fachmann am Dienstag. Falls man die Ausbreitung der Infektion in den kommenden Wochen wirksam eindämmen und in weiterer Folge überwinden kann, sei die in Europa derzeit nur mäßig dynamische Konjunktur dennoch ausreichend, diesen exogenen Negativ-Schock zu absorbieren, ohne dass die österreichische Volkswirtschaft in eine Rezession abgleitet.
Lage in China beruhigt sich
Ähnlich sieht es auch der IHS-Ökonom Thomas Czypionka: "Bis April dürfte sich die Lage in China normalisieren. Die Auswirkungen würden nur das erste Quartal betreffen." Man müsse aber beachten, dass die Wirtschaft in China schon vorher schlecht gelaufen sei. Das Land habe daher gute Aufholkapazitäten.
Auch die Auswirkungen auf den heimsichen Tourismus dürfen sich in Grenzen halten. "Die Chinesen machen rund ein Prozent der Urlauber aus", sagt Czypionka. Die Schweiz sei hier viel stärker betroffen. Das ließe sich vermutlich wieder durch jene Touristen wettmachen, die sich entscheiden, statt eine China-Reise in Österreich ihren Urlaub zu verbringen.
Italien im Fokus
Doch weder Czypionka noch die IV konnten bisher die Situation in Italien in ihre Berechnungen einbeziehen. Italien ist gleichauf mit den USA der zweitwichtigste Handelspartner Österreichs. Derzeit unternehme Italien alles, um eine Ausbreitung zu verhindern. "Wenn das gelingt, sind die Auswirkungen auf die Wirtschaft gering", sagt Czypionka. Im gegenteiligen Fall wären Industrie und Handel betroffen. "Viele landwirtschaftliche Produkte kommen aus Italien." Das würden die Konsumenten im Supermarkt merken.
In den Dienstleistungsberufen helfe die zunehmende Digitalisierung. "Ein Meeting kann heute auch via Videochat gemacht werden." Dennoch: würde der Virus in Österreich ausbrechen, rechnet der IV-Ökonom Helmenstein mit negativen Folgen für den Tourismus, eine Branche, die 16 Prozent der heimischen Wirtschaftsleistung beisteuert.
Bei all den schlechten Nachrichten rund um das Coronavirus, gibt es auch einen kleinen Lichtblick. Durch die erhöhte Aufmerksamkeit auf Hygiene-Maßnahmen seien auch die Fälle von normaler Influenza geringer und es komme hier zu weniger Ausfällen. Auch der beginnende Frühling könnte dabei helfen, die drohende Epidemie abzuwenden. "Denn solche Viren verbreiten sich eher in kalten Monaten", erklärt Czypionka.
Roman Vilgut