Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer (ÖVP) hat sich gegen eine 35-Stunden-Woche sowohl in der Pflege als auch allgemein in der österreichischen Wirtschaft ausgesprochen. Aus seiner Sicht wäre dies eine "Jobvernichtungsmaschine", so Mahrer am Sonntag in der ORF-Pressestunde.
"Wir werden in Österreich mit einer generellen Arbeitszeitverkürzung das Licht abdrehen. Dann können wir uns alle weiße Leintücher umhängen und geordnet zum wirtschaftspolitischen Friedhof marschieren", so Mahrer. Aktuell fordert die Gewerkschaft in den Kollektivvertragsverhandlungen in der Sozialwirtschaft eine Reduktion der Arbeitszeit auf 35 Wochenstunden.
Die Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA), Barbara Teiber, hat prompt reagiert und Mahrer in Sachen Kollektivvertragsverhandlungen in der Sozialwirtschaft Ahnungslosigkeit attestiert. Mahrer habe sich nicht mit den Hintergründen der Forderung nach einer Arbeitszeitverkürzung im Sozialbereich auseinandergesetzt, so Teiber in einer Aussendung am Sonntag. 70 Prozent der Beschäftigten im Pflegebereich arbeiteten Teilzeit, so Teiber: "Genau diese Gruppe der Teilzeitbeschäftigten würde von einer Verkürzung der Arbeitszeit in Form von mehr Gehalt profitieren, und der Beruf würde insgesamt attraktiver werden." Beil voller Arbeitszeit könne diesen nämlich "kaum jemand" länger ausüben.
"Prognosen immer pessimistisch"
Zum drohenden ÖGK-Defizit meinte Mahrer, dass Vorschauen "immer sehr pessimistisch" gerechnet würden. In den vergangenen Jahren habe es wiederholt Negativprognosen gegeben, "die dann ganz anders ausgefallen sind". "Wenn sich das Wachstum verlangsamt, sinken natürlich auch die Einnahmen der Sozialversicherung." Daher müssten die Ausgaben an die Einnahmen angepasst werden. Dass das "eine oder andere Murmeln" in der Arbeitnehmervertretung nach wie vor hörbar ist, sei durchaus nachvollziehbar. Schließlich sei durch die gleichwertige Vertretung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern bei letzteren "politischer Einfluss" verloren gegangen.
"Betriebe zahlen über KV"
Angesichts des Personalmangels im Tourismus stellte Mahrer ein Disbalance am heimischen Arbeitsmarkt fest. Es gebe in Wien zu viele Arbeitslose während im Westen in den Skigebieten Arbeitskräfte fehlten. Gegen die mangelnde Mobilität in Österreich brauche es ein Modell mit mehreren Maßnahmen. Strengere Zumutbarkeitsgrenzen seien nur eine Stellschraube, so Mahrer. An der Bezahlung in der Tourismusbranche liegt es laut Mahrer nicht: Jeder wisse, dass die Betriebe über dem Kollektivvertrag bezahlen.
Auswirkungen des Coronavorus auf die Wirtschaft
Wie sich der Ausbruch und die Verbreitung des Coronavirus auf die Wirtschaft auswirken wird, kann Mahrer noch nicht abschätzen. "Wir tappen da alle im Dunkeln", sagte er. Die Wirtschaftskammer versuche, betroffenen Firmen aus Österreich zu helfen, wenn sie Probleme, etwa in der Logistikkette hätten. Mahrer sieht jedenfalls durch den Ausbruch keinen Abgesang auf die Globalisierung.
Im Kampf gegen die Erderwärmung sieht Mahrer Chancen für Österreichs Exportwirtschaft. Auch Investitionen in Forschung, Energieeffizienz und intelligente Mobilität seien förderlich. Er warnte aber davor, durch eine CO2-Bepreisung dem Wirtschaftsstandort zu schaden. Mit Mineralölsteuer, Normverbrauchsabgabe (NoVA), Maut und anderen Posten gebe es in Österreich schon viele CO2-Steuern. Die Umstellung der öffentlichen Fuhrparks auf Elektroautos begrüßte er, die Wirtschaftskammer werde da mitziehen, kündigte Mahrer an. Der Grund, warum er derzeit noch einen Diesel fahre, liege an der Ladeinfrastruktur.
Die Kritik an einem Video aus der Opernball-Loge der Wirtschaftskammer nimmt Mahrer nicht ernst. Diese komme vor allem von der NEOS-Fraktion UNOS und stuft der WKÖ-Chef als "Wahlkampfgetöse" ein. Mahrer stellt sich mit seinem ÖVP-Wirtschaftsbund Anfang März Wahlen in der Wirtschaftskammer. Man müsse zwischen Satire und Ernsthaftigkeit unterscheiden. Die Loge der Wirtschaftskammer diene der Repräsentation, um internationale Vertreter in einem kulturellem Rahmen auf den Standort Österreich aufmerksam zu machen.