Die Mailänder Modeschauen für die kommenden Herbst- und Winterkollektionen gehen in den Zeiten des Coronavirus im Ausnahmezustand über die Bühne. Es fehlen nicht nur hunderte Einkäufer aus der abgeschotteten Volksrepublik. Auch der Verkauf stockt. Ein Luxuslabel nach dem anderen nimmt die Wachstumsprognosen für das gerade begonnene Jahr zurück. Denn: China und seine Nachbarländer stellen den weltweit größten Expansionsmarkt für Luxusmarken dar.
Der Ausbruch des Virus hat die Branche mit Wucht getroffen. Denn die meisten exklusiven Modehersteller sind von China extrem abhängig. Viele machen dort ein Drittel ihres Geschäfts. Das Wachstum der Branche ging 2019 zu 90 Prozent auf das Konto ausgabenfreudiger Chinesen. "Ihr Fernbleiben ist für uns ziemlich relevant", sagt Carlo Capasa, Chef der Mailänder Modekammer.
Ein Drittel des Umsatzes in China
Die französische Luxusholding Kering, dessen 15,8-Milliarden-Euro-Umsatz überwiegend von der Florentiner Modemarke Gucci erwirtschaftet wird, erzielt 34 Prozent seiner Verkäufe in der Volksrepublik. Seit dem 24. Januar geht dort nun quasi nichts mehr. Geschlossene Einkaufszentren, verkürzte Ladenöffnungszeiten, keine Kundschaft. Sogar der Onlinehandel leidet, weil auch die Logistikzentren lahmgelegt sind. "Nach ein paar Tagen schlug die Wirkung auch auf die Verkäufe in Europa und in den Vereinigten Staaten durch", sagt Kering-Chef Francois-Henri Pinault. Chinesische Reisende geben in Europa pro Kopf im Schnitt 790 Euro für Kleidung aus.
Moncler stark betroffen
Nach Gucci kam in Mailand die Marke Moncler mit einer spektakulären Präsentation an die Reihe. Die rasant wachsende Daunenjacken-Firma ist derzeit ein Liebling der Luxusindustrie. Der Virus traf das profitable Börsenunternehmen hart. Der Absatz in China ging seit dem Beginn der Epidemie um 80 Prozent zurück, informierte das Modehaus vor zehn Tagen Analysten. Betroffen seien auch die anderen Länder der Region, weil die chinesischen Touristen ausblieben. Moncler machte im vergangenen Jahr mehr als 40 Prozent seines Umsatzes in Höhe von 1,6 Milliarden Euro in Asien. "Im Dezember hatten wir für 2020 ein Wachstum von drei Prozent erwartet, aber mit dem Ausbruch des Virus ist alles anders", sagt Modekammer-Chef Capasa. Der Verband geht nun von einem Umsatzrückgang um 1,5 bis 2,5 Prozent aus.
Burberry und H&M
Auch die Burberry Group ist betroffen. Sie gab zuletzt bekannt, dass ihre Umsätze in Asien zwischen 70 bis 80 Prozent eingebrochen sind. Nike stellt seine Aktionäre auf Geschäftseinbußen in China wegen der Coronavirus-Epidemie ein. Betroffen ist ebenso die H&M-Gruppe, zu der auch andere Modemarken wie COS oder Monki zählen. Sie hat 520 Geschäfte in China, 455 davon sind H&M-Filialen.