Ein halbes Jahr nach dem Scheitern der Pkw-Maut in Deutschland haben nun die österreichische Kapsch TrafficCom und ihr Partner CTS Eventim, die ursprünglich mit der Umsetzung der Pkw-Maut beauftragt waren, ihre Entschädigungsforderung mit rund 560 Millionen Euro beziffert.
Als Maut-Betreibergesellschaft vorgesehen war die autoTicket GmbH, ein 50:50-Joint-Venture von Kapsch TrafficCom und CTS Eventim. Der deutsche Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) schloss die Verträge zur Einhebung und Kontrolle der "Infrastrukturabgabe" bereits 2018 ab, bevor endgültige Rechtssicherheit bestand. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) erklärte die Pkw-Maut Mitte Juni für rechtswidrig. Direkt danach kündigte der Bund die Verträge.
Kapsch und sein Partner wollen ihre Ansprüche nun in mehreren Schritten geltend machen, teilte Kapsch am Donnerstag mit. Wegen der einseitigen Vertragskündigung durch Deutschland fordern sie den entgangenen Gewinn über die Vertragslaufzeit und eine Kompensation für die Beendigungskosten, zu denen auch Schadenersatzansprüche der beauftragten Subunternehmer gehören.
Der Betreibervertrag sehe ein effizientes Verfahren zur Streitbeilegung vor, heißt es in der Mitteilung. Zunächst soll ein unabhängiger Prüfer den entgangenen Gewinn ermitteln. Zur Klärung der Ansprüche sei im Anschluss ein Verhandlungsverfahren mit dem Bund vorgesehen. Für den Fall des Scheiterns sei im Betreibervertrag zur Erreichung einer endgültigen Entscheidung ein Schiedsverfahren vorgesehen.
Scheuer weist Forderungen entschieden zurück
Der deutsche Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hält die Millionenforderungen der Maut-Firmen Kapsch und CTS Eventim für ungerechtfertigt. "Wir weisen mit aller Entschiedenheit die Forderungen der Betreiber zurück", erklärte Scheuer am Donnerstag in Berlin. "Die Zahlen sind falsch und entbehren jeder Grundlage."
"Die Betreiber haben keinen Anspruch auf Entschädigung", sagte Scheuer in einer auf Twitter veröffentlichten Erklärung. "Sie haben ihre vertraglichen Leistungen nicht erfüllt." Zudem hätten sie nach der Kündigung, die Verträge "vorsätzlich und treuwidrig" verletzt.
Der Bund habe die Verträge deshalb "aus mehreren triftigen Gründen gekündigt", sagte Scheuer. In diesem Fall sei die Vertragslage "ausdrücklich zugunsten des Bundes".
Zudem betonte Scheuer, er habe bereits am Donnerstagvormittag den Prozess für ein Maut-Schiedsverfahren gestartet. Die Betreiber seien dabei zu Gesprächen Mitte Jänner aufgefordert worden. Dies sei die Vorstufe für das Schiedsverfahren. Dabei werde es darum gehen, dass aus Sicht des Bundes ein von den Betreibern gewähltes Verfahren zur Bestimmung des Bruttounternehmenswertes unzulässig sei.