Die neue Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) ist startklar: Der Überleitungsausschuss fasste in einer langen Sitzung am Dienstag wichtige Beschlüsse für den angestrebten Start mit 1. Jänner. In erster Linie wurde die Leistungsharmonisierung für Versicherte abgesegnet, weiters gab es nach wilden Diskussionen im Vorfeld einen einstimmigen Beschluss gegen eine Verschärfung bei Krankenständen.
"Das ist ein guter Tag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer", freute sich Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten, über das Ergebnis. Vorerst kommt es nämlich zu keinen Verschärfungen bei Krankenständen. "Zum Glück haben wir frühzeitig Alarm geschlagen", sagte sie Dienstagabend im Gespräch mit der APA.
Vorschlag stieß auf breites Unverständnis
Weil der Vorschlag der Wirtschaft auch in der Bevölkerung auf breites Unverständnis gestoßen sei, traute sich diese am Dienstag nicht mehr für eine Verschärfung stimmen, vermutete Teiber. "Daher haben wir einen einstimmigen Beschluss, dass alles beim Alten bleibt", teilte sie in einer Sitzungspause mit. Für Beschäftigte gebe es im Moment "keine Veränderungen" und daher auch "keine Verschlechterungen", so Teiber.
Der Wirtschaftsbund sprach am Dienstag hingegen von "Panikmache" seitens der Gewerkschaft. Trotzdem brauche es ein entschiedenes Vorgehen gegen den Missbrauch von Krankenständen, teilte der Bund am Dienstag per Aussendung mit. Die Datenlage in Österreich sei "sehr dürftig", die Kontrolle und Aufzeichnung von Krankenstandsmissbrauch werde in den Bundesländern unterschiedlich gehandhabt. Daher wurde die ÖGK in der Sitzung am Dienstag mit der Erstellung einer genauen Analyse beauftragt. Auf Basis der neuen Daten könnten dann weitere Maßnahmen gegen Missbrauch beschlossen werden, so der Wirtschaftsbund.
Leistungsharmonisierung
Wichtigster Tagesordnungspunkt war neben dem zuletzt heiß diskutierten Thema der Krankenstände jedoch die Leistungsharmonisierung. Die Satzung der ÖGK wurde im Ausschuss ebenfalls einstimmig beschlossen. Diese regelt neben wichtigen Organisationsfragen vor allem Leistungen für die Versicherten in den Leistungsbereichen, in denen das Gesetz den Kassen Regelungsspielräume gibt.
Die erfreuliche Nachricht für die Versicherten: Wo es noch Satzungsunterschiede zwischen den Gebietskrankenkassen gab, werden die Leistungen harmonisiert und verbessert. "Es freut mich, dass es gelungen ist, dies alles ein Jahr vorher, als uns der Gesetzgeber vorschreibt, umzusetzen", so der Vorsitzende des Überleitungsausschusses, Matthias Krenn.
"Die Leistungen von allen neun Bundesländern wurden auf hohem Niveau harmonisiert", zeigte sich Teiber ebenfalls zufrieden. Und auch der Wirtschaftsbund war guter Dinge. "Mit den heutigen Beschlüssen des Überleitungsausschusses in der Österreichischen Gebietskrankenkasse (ÖGK) wird der eingeschlagene Weg hin zu einer effizienten und modernen Krankenkasse im Sinne der Versicherten fortgesetzt", freute sich Generalsekretär Kurt Egger. Mit der Reform der Sozialversicherung werde "im System gespart, damit mehr für die Patientinnen und Patienten bleibt", hieß es weiter.
Bewilligungspflicht für CT und MRT ausgesetzt
Besonders positiv für viele Versicherte ist die Tatsache, dass nun in allen Bundesländern die Bewilligungspflicht für CT und MRT bis Ende 2021 ausgesetzt wurde, teilte die ÖGK am Dienstagabend mit. Bisher wurde das in den Bundesländern unterschiedlich gehandhabt.
Eine Verbesserung der Leistungen für Versicherte gibt es in Zukunft etwa beim Krankengeld. Für die Auszahlung des Krankengeldes ist eine einheitliche Höchstdauer bis zu 78 Wochen vorgesehen. Bisher waren in sieben Gebietskrankenkassen nur 52 Wochen Maximalbezugsdauer vorgesehen. Der Maximalbetrag für Heilbehelfe und Hilfsmittel wird einheitlich auf 1.342 Euro und für Rollstühle, Prothesen u.ä. auf 3.580 Euro angehoben. Gänzlich abgeschafft wird der Eigenkostenanteil bei orthopädischen Maßschuhen für Kinder, für Erwachsene ist eine Senkung des Selbstbehalts vorgesehen. Verbesserungen sind auch im Bereich Zahnersatz, Kieferorthopädie und Zahnbehandlung geplant. Weiters sollen in ganz Österreich für Krankentransporte keine Selbstbehalte mehr verrechnet werden.
Die Vorschaurechnung der Österreichischen Gesundheitskasse, die aus dem Zusammenschluss der neun Gebietskrankenkassen und von vier Betriebskrankenkassen per 1. Jänner 2020 entsteht, sieht ein Leistungsvolumen von fast 15,3 Milliarden Euro an Gesundheitsleistungen für die rund 7,2 Millionen ÖGK-Versicherten vor.
Neben den aktuellen Beschlussfassungen laufen die Vorbereitungen für den Start der neuen Gesundheitskasse auf Hochtouren. "Wir haben den gesetzlichen Auftrag zur Zusammenführung der neun Gebietskrankenkassen und zum Aufbau der neuen ÖGK in extrem knapper Zeit umgesetzt", sagte Bernhard Wurzer, Generaldirektor der ÖGK, am Dienstag. Insgesamt wurden unter anderem 18.800 Formulare vereinheitlicht, 19.700 Mail-Adressen umgestellt, 12.500 Webseiten angepasst und 400 Telefonansagetexte geändert, teilte die ÖGK mit.