Wie konnte das Multiorganversagen bei der Hypo Alpe Adria in der Nacht der Verstaatlichung bis zur Staatsspitze passieren?
IRMGARD GRISS: Es war der Endpunkt einer Serie von Fehlern. Das haben wir im Bericht ganz klar herausgearbeitet. Es kam zur Verstaatlichung, weil man darauf nicht entsprechend vorbereitet war.
Sie kritisierten es als eine Notverstaatlichung ohne Not.
Ja, der damalige Finanzminister und Vizekanzler Josef Pröll und seine Leute haben sich von den Bayern bluffen lassen. Die Bayern haben es sehr geschickt gemacht, indem sie den Eindruck erweckten, sie würden die Hypo in Konkurs gehen lassen. Das hat Pröll und seine Leute offenbar verschreckt. Die Hypo hätte man nie in Konkurs gehen lassen können, sie war systemrelevant auch in Südosteuropa. Die Dokumente haben gezeigt, dass die Bayern gar nicht damit gerechnet haben, dass sie mit dem Bluff durchkommen.
Es fehlten Vorbereitung, Strategie und Alternativen. Welche?
Die Alternative wäre gewesen, dass die Bayern drinbleiben, dass Österreich nochmals Partizipationskapital gibt und dass man sich überlegt, wie man die Bank sanieren kann. Es wäre absolut notwendig gewesen, notleidende Kredite in eine Bad Bank auszulagern, so wie bei anderen Banken.
Das schob Finanzministerin Maria Fekter hinaus. Warum?
Da hatte sie offenbar Gegenwind aus dem Finanzministerium, damit Österreich die Maastricht-Kriterien erfüllt. Nur: Deutschland hat das gemacht. In einer Notsituation muss man überlegen, wo geringer Schaden entsteht. Das Südosteuropa-Netzwerk der Hypo war ja nicht wertlos, das sah man beim Verkauf.
Die Expansion von Kulterer und Haider auf dem Balkan haben Sie als „Moral Hazard“ bezeichnet und der Aufsicht und Nationalbank vorgehalten, die Alarmsignale übersehen zu haben.
Das war so. Man hätte sehen müssen, dass eine Bank, die so extrem expandiert, ein entsprechendes Risikomanagement braucht. Das hatte die Hypo aber nicht. Da hätte die Nationalbank schon früher einschreiten müssen.
Das Problem waren einst 25 und dann elf Milliarden Landeshaftungen bei der Hypo mit Pleitedrohung. Der Ausgleich mit den Gläubigern mit Steuergeld unter Finanzminister Hans Jörg Schelling ließ Kärnten mit 1,2 Milliarden Euro als Beitrag mit blauem Auge davonkommen?
Schelling hat noch das Beste aus der Situation gemacht. Wenn Kärnten es hätte allein tragen müssen, wäre das Land insolvent gewesen. Kärnten hat sich hineinmanövriert, die Republik hat aber zugeschaut und hätte Kärnten nicht im Regen stehen lassen können.
Kann sich ein derartiges Desaster wiederholen?
Dass ein Bundesland bis zu 25 Milliarden Euro Haftungen für eine Bank übernimmt, kann sich nicht wiederholen. Aber nicht deshalb, weil die Österreicher klüger geworden sind, sondern weil es nach europäischem Recht nicht mehr erlaubt ist.
Adolf Winkler