Kritiker der Europäischen Zentralbank (EZB) haben beim deutschen Bundesverfassungsgericht einen Eilantrag gegen die neuen Anleihenkäufe eingereicht. Der Antrag sei am Montagabend eingegangen, sagte ein Sprecher des Gerichts am Dienstag. Zuvor hatte die "Neue Zürcher Zeitung" darüber berichtet.
Die von dem Finanzwissenschaftler Markus Kerber vertretenen Kläger wollen nach eigenen Angaben erreichen, dass die Bundesbank vom Vollzug der Käufe befreit wird.
Die vorübergehend heruntergefahrenen Anleihenkäufe sollen bereits ab 1. November mit monatlich 20 Milliarden Euro wieder aufgenommen werden. Es könnte daher sein, dass die Richter über den Antrag direkt in den nächsten Tagen entscheiden. Von dem Beschluss des EZB-Rats hatten sich mehrere nationale Notenbankchefs öffentlich distanziert.
Um Konjunktur und Inflation im Euroraum auf die Sprünge zu helfen, hatte der scheidende EZB-Präsident Mario Draghi bis Ende 2018 rund 2,6 Billionen Euro in die Märkte gepumpt. Dagegen läuft seit längerem ein Verfahren in Karlsruhe, an dem auch Kerber beteiligt ist. Ende Juli wurde am Verfassungsgericht eineinhalb Tage verhandelt. Die neuen Anleihenkäufe hatten sich damals schon angedeutet.
Richter sehen Vorgehen der Notenbank kritisch
Derzeit beraten die Richter des Zweiten Senats im Geheimen und arbeiten ihr Urteil aus. Sie sehen das Vorgehen der Notenbank sehr kritisch. Im Raum steht der Verdacht, dass die EZB verbotenerweise Wirtschafts- statt Währungspolitik betreibt und finanzschwachen Eurostaaten finanziell unter die Arme greift. Mit einer Entscheidung gegen die Anleihenkäufe würden sich die Richter allerdings gegen den Europäischen Gerichtshof (EuGH) stellen. Dieser hatte dem Kaufprogramm im Dezember 2018 seinen Segen erteilt.
Draghi wird mit Monatsende von der bisherigen Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, abgelöst.