Badelt kritisiert zu Beginn der Pressestunde vor allem die Phase des freien Spiels der Kräfte, in der das Parlament viele Wahlgeschenke beschlossen hat, die nicht in einem Budgetrahmen bedacht waren. Dem Parlament fehle hier der Weitblick.
Wobei Badelt betont, dass die Einzelmaßnahmen durchaus sinnvoll sein können, außer die Hackler-Regelung. Badelt hätte gerne im Sommer gewählt. Mit Briefkarten und dem heutigen Stand der Technik wäre das durchaus möglich gewesen, sagt Badelt.
Die Wirtschaft sieht der Ökonom noch robust. Österreich sei nicht am Weg in die Rezession, solange es nicht weltweit unvorhersehbare Probleme gibt. Ein Konjunkturpaket sei daher nicht nötig. Allerdings müsse die neue Regierung sich dem Thema Langzeitarbeitslosigkeit stärker annehmen.
Pflege: Grundsatzfragen klären
Beim Thema Pflege müsse vor konkreten Lösungen erst geklärt werden, ob die Pflege eine öffentliche Verantwortung sei, also ob die Gesellschaft und der Staat für diese Leistung einstehen muss. Dann bräuchte man einen Rechtsanspruch und man müsse überlegen, woher das Geld komme. Die Kompetenz dazu sieht Badelt am ehesten bei den Sozialversicherungen.
Neben der Frage der Finanzierung müssen auch die Berufe im Pflegesektor attraktiver werden. Viele Menschen, die im Bereich ausgebildet sind, hören schon nach wenigen Jahren mit dem Job auf. Die 24-Stunden-Pflege sei derzeit auch nur leistbar, weil auf günstige Arbeitskräfte aus dem Ausland zurückgegriffen werden kann.
In Zukunft werde es auch weniger Menschen geben, die die Angehörigen unentgeltlich pflegen. Hier brauche es vor allem Maßnahmen, um zu verhindern, dass diese Verantwortung nur auf Frauen hängen bleibe. Die Attraktivierung des Jobs liege übrigens nicht nur an der Bezahlung, sondern auch an den Rahmenbedingungen.
Keine oberflächlichen Lösungen
Bei der Frage, woher das Geld kommen solle, lenkt Badelt den Blick auf das Steuersystem, das in Österreich den Faktor Arbeit massiv belastet. Hier müsse es eine Entlastung gebe, was nur über eine Reduzierung der Ausgaben gehe, bei Förderungen und dem Föderalismus. Es fehle auch die ökologische Komponente des Systems. Hier müsse man genau hinschauen und nicht nur oberflächliche Lösungen anbieten.
Das Pensionssystem werde im Prinzip durchaus finanzierbar bleiben, allerdings werde es dann schwierig, die Steuerbelastungen zu senken. Für jüngere Menschen werde es in Zukunft allerdings schwierig werden, von den Pensionshöhen zu leben. Denn die langen Durchrechnungszeiträume zeigen sich langsam in den Pensionshöhen.
Badelt tritt seit Längeren dafür ein, das tatsächliche Antrittsalter zur Pension anzuheben. Allerdings dürfe man hier den Arbeitsmarkt nicht außer Acht lassen, in dem vor allem ältere Arbeitnehmer benachteiligt werden. Viele ältere Menschen gehen ja auch nicht von dem Job in die Pension, sondern wechseln von der Arbeitslosigkeit in die Pension. Hier brauche es mehr Maßnahmen, um ältere Menschen länger im Arbeitsprozess zu halten.
Allerdings müsse man solche Aktionen - wie die Aktion 20.000 - gut evaluieren. Denn es müsse überprüft werden, ob es hier wirklich nachhaltig mehr Beschäftigung gibt. Außerdem sollte verhindert werden, dass dadurch auch wieder Jobs verdrängt werden.
Nullzinsen belasten Sparer
In der Eurozone gibt es seit Jahren eine Nullzins-Politik. Badelt hinterfragt hier auch das Inflationsziel der EZB und die daraus folgende Politik. Allerdings sei die EZB nicht alleine verantwortlich für die niedrigen Zinsen. Denn es gibt weltweit eine Entwicklung, die zu einer Reduzierung der Geldmenge führt.
Rückblickend gesehen, verteidigt Badelt zwar die Entscheidungen der EZB. Allerdings hätte die EZB bereits 2018 eine Zinswende einleiten sollen, in Zeiten einer guten Konjunktur. Deshalb fehle der EZB jetzt an möglichen Maßnahmen.
Auch wenn Badelt die Frustration der Sparer durchaus versteht, so sei der Zustand derzeit auch keine Krise. Denn viele Sparer haben nur geringe Sparguthaben, was auch zu geringen Verlusten führe. Bei Menschen mit höheren Einkommen sieht Badelt mehr Investitionen in den Kapitalmarkt, der deutlich höhere Risiken hat.
Teures Wohnen
Ein viel größeres Problem als die Zinsen am Sparbuch sei der Wohnungsmarkt. Die hohen Wohnkosten belastet vor allem kleinere Einkommen, doch auch Menschen mit gutem Gehalt könnten sich in Wien nicht mehr ohne weiteres eine Eigentumswohnung kaufen. Damit wird Wohnen nicht nur zum Problem für niedrige Einkommen, sondern auch für den Mittelstand.
Von politischen Eingriffen in den Mietmarkt rät Badelt ab. Man könne Probleme nicht lösen, in dem man es verbietet. Es brauche ein modernes Mietrecht, durch das mehr Wohnungen auf den Markt kommen.
CO2-Preis muss kommen
Bei der konjunkturellen Entwicklung sieht Badelt eine leichte Abkoppelung Österreichs von Deutschland. Allerdings dürfe man das auch nicht überinterpretieren. Im heurigen Jahr stehe Österreich zwar besser da, langfristig gäbe es weiterhin eine Abhängigkeit von Deutschland als wichtigsten Handelspartner.
Eine CO2-Steuer würde Badelt nicht so nennen. Badelt kritisiert, dass das Emmittieren von CO2 derzeit nichts kostet. Daher werde es eine Bepreisung von CO2-Emmissionen geben müssen, egal wie man es nennt. Er kritisiert auch das Pendlerpauschale, das ausgezahlt wird, unabhängig davon, ob es Alternativen gebe oder wie viel Sprit das Auto verbrauche. Es gebe dafür gute Simulationen. Badelt sieht hier durchaus Chancen, dass sich ÖVP und Grüne hier auf eine Lösung einigen könnten.
Klar ist: Eine Lösung brauche einen klaren Zeitplan und müsse ambitionierter sein als jene Deutschlands. Neben einem CO2-Preis brauche es auch offensive Investionen in den Wohnbau, in die Sanierung, in den öffentlichen Verkehr und die Forschung zu klimaschonenden Technologien.
Bei den großen Industriebetrieben zeige sich inzwischen, wie die Lenkungspolitik durch CO2-Preise auswirken. Diese zahlen ja bereits für CO2-Zertifikate. Badelt nimmt hier das Beispiel Voestalpine, die in den vergangenen Jahren massiv geforscht und sich klar gewandelt habe.
Zeitumstellung
Badelt bezeichnet den Brexit als schweren Fehler, will aber hier endlich eine Lösung ohne Konflikt. Bei der Zeitumstellung warnt Badelt davor, dass die Länder unterschiedliche Zeit hätten. Die EU hätte deutlich wichtiger Themen, Migration, Umwelt, Erweiterung. Das seien die großen Themen, dafür bräuchte die EU-Kommission auch etwas mehr Geld.