Angesichts der verheerenden Waldbrände im Amazonasgebiet entdecken immer mehr Unternehmen ihr grünes Gewissen. Zahlreiche Investoren haben die brasilianische Regierung nun zu einem entschlossenen Kampf gegen die Abholzung und Brände im Amazonasgebiet aufgerufen.
"Als Anleger sehen wir die Abholzung und deren Folgen für Artenvielfalt und Klima als ein systemisches Risiko für unsere Portfolios", hieß es in einem am Mittwoch veröffentlichten Brief von 230 Pensionsfonds, Vermögensverwaltungsgesellschaften und Kreditinstituten. Eigenen Angaben zufolge verwalten die Unternehmen insgesamt 16,2 Billionen US-Dollar (14,7 Billionen Euro).
Bolsonaro will mehr Flächen
Zuletzt hatte die Zahl der Abholzungen und Brände im Amazonasgebiet kräftig zugelegt. Meist werden zunächst die Bäume gefällt und die bereits abgeholzten Flächen danach von Farmern in Brand gesteckt, um neue Weideflächen und Ackerland für den Soja-Anbau zu schaffen. Laut einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sind häufig auch kriminelle Netzwerke in die Abholzung verwickelt.
Der rechte Präsident Jair Bolsonaro sieht im Amazonasregenwald vor allem ungenutztes wirtschaftliches Potenzial und will mehr Flächen für Landwirtschaft, Bergbau und Energiegewinnung erschließen. Wegen seiner Umweltpolitik war er zuletzt international in die Kritik geraten. Weil der Regenwald im Amazonasgebiet immense Mengen CO2 binden kann, hat er auch für das Weltklima eine große Bedeutung.
Schwergewichte warnen
Die Unterzeichner des offenen Briefes - darunter die britische Großbank HSBC, das französische Kreditinstitut BNP Paribas und die deutsche Deka Invest GmbH - riefen die Regierung dazu auf, durch bessere Kontrollen die illegale Abholzung zu unterbinden und den legalen Holzeinschlag deutlich zu reduzieren.
"Die Abholzung in der Region könnte das gesamte Ökosystem an einen Punkt bringen, an dem der Regenwald sich nicht mehr selbst erhalten kann und zu einer deutlich trockeneren Savannen-Landschaft wird", hieß es in dem Schreiben. "Das würde die Landwirtschaft und andere wirtschaftliche Unternehmungen fundamental erschüttern."
Wie Unternehmen reagieren
Die Abholzung und die Brände im Amazonasregenwald hatten zuletzt auf der ganzen Welt für Bestürzung gesorgt. Die schwedische Modekette H&M und der US-Konzern VF Corporation, zu dem unter anderem die Bekleidungsmarken Timberland, Vans und North Face gehören, kündigten bereits an, vorerst kein Leder mehr aus Brasilien zu beziehen. Der weltgrößte Lebensmittelkonzern Nestle will seinen Einkauf von Fleisch und Kakao auf dem Amazonasgebiet prüfen.
Wegen der zahlreichen Brände im Amazonasgebiet und der Haltung der brasilianischen Regierung wollen mehrere europäische Länder bei der Ratifizierung des neuen Freihandelsabkommens zwischen der EU und dem südamerikanischen Wirtschaftsbündnis Mercosur auf die Bremse treten.
Nein zu Mercosur
In Österreich hat der EU-Unterausschuss im Nationalrat am Mittwoch gegen das EU-Mercosur-Abkommen votiert. Damit wird die Bundesregierung zu einem Nein zum EU-Mercosur-Abkommen auf EU-Ebene verpflichtet.
Der Mercosur-Pakt steht deshalb als Ganzes auf der Kippe, weil Entscheidungen im EU-Rat müssen einstimmig erfolgen. Gerade die brasilianischen Rinderbarone und Soja-Bauern hatten sich vom Abbau der Zölle satte Zugewinne im Exportgeschäft versprochen.
Deshalb bekommt Bolsonaro nun Kontra von seinen treuesten Verbündeten aus dem Agrarsektor. Die Regierung schade dem mühsam aufgebauten Image der brasilianischen Landwirte, sagte zuletzt Robert Brant vom Institut des Nationalen Bauernverbands. Der Gouverneur des Bundesstaates Maranhao, Flavio Dino, fürchtet sogar einen Boykott gegen landwirtschaftliche Produkte: "Wenn sich Brasilien auf internationaler Ebene isoliert, setzt es sich ernsten Handelssanktionen gegen unsere Produzenten aus."