Sie kamen nicht überraschend, die Heftigkeit der Preisausschläge sorgte dennoch für Turbulenzen: Nach den folgenschweren Drohnenangriffen auf zwei wichtige Öl-Anlagen in Saudi-Arabien liegt der Fokus nicht nur auf den geopolitischen Verwerfungen, insbesondere zwischen den USA und dem Iran. Auch die möglichen wirtschaftlichen Folgen sorgen für Unbehagen. Zu Wochenbeginn stieg der Preis der Nordseeölsorte Brent um fast 20 Prozent an – der größte Preissprung seit dem Ausbruch des Golfkriegs im Jahr 1991.
Auch wenn sich die Preisentwicklung im Handelsverlauf wieder etwas abflachte, es blieb ein kräftiger Aufschlag im nahezu zweistelligen Bereich übrig. In Wien zogen dafür die Aktien von OMV und des Ölfeldausrüsters Schoeller-Bleckmann an.
Warum es (noch) keine Engpässe gibt
Wie geht’s nun weiter? Drohen Engpässe in der Ölversorgung, Preisexplosionen und damit auch harte Zeiten an der Tankstelle?
Klar ist: Durch die Zerstörung von Teilen der Förder-Infrastruktur in Saudi-Arabien fällt bis auf Weiteres die Produktion von 5,7 Millionen Barrel Öl pro Tag aus – das entspricht fünf Prozent der weltweiten Produktion. Dennoch erwarten etwa die Experten der Internationalen Energieagentur (IEA) mit Sitz in Wien keine Engpässe auf dem globalen Ölmarkt. Denn aktuell seien die Märkte „gut versorgt“, es gebe viele Reserven.
Die USA sind nach eigenen Angaben bereit, die globalen Märkte im Bedarfsfall mit Öl aus ihrer strategischen Reserve zu stützen.
Entscheidend dafür, wie es mit den Preisen weitergeht, wird – neben der Zeit, die Saudi-Arabien für die Reparaturen benötigt – eher sein, wie sich die Spannungen zwischen den USA und dem Iran weiterentwickeln.
Punktgenauer Tweed
Zu den Drohnenangriffen hatten sich ja die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen aus dem Bürgerkriegsland Jemen bekannt. Die USA sehen die Verantwortung, wie berichtet, beim Iran. Der Iran weist das empört zurück. US-Präsident Donald Trump ließ via Twitter wissen: „Wir haben Anlass zu glauben, dass wir den Schuldigen kennen, und warten mit geladener Waffe auf die Bestätigung.“ Das laute Säbelrasseln dürfte vorerst andauern, Spitzen der EU und aus China mahnen zur Besonnenheit.
Donald Trump setzte seine Ankündigung auf Twitter, die US-Ölreserven zu öffnen, am Sonntag um 23.55 Uhr mitteleuropäischer Zeit ab. Just in jener Minute, in der der Vorhandel an der Rohstoffbörse einsetzte – das Signal brauchte nur wenige Minuten, bis es wirkte und die Preisausschläge wieder kleiner wurden.
Experten in Österreich sind sich nicht einig darüber, ob und wie stark der Anschlag in Saudi-Arabien die Spritpreise beeinflussen wird. Hannes Loacker von Raiffeisen Capital Management erwartet Auswirkungen bereits „innerhalb weniger Tage“.
Die Experten der Bank Austria gehen nur von „temporären Ölpreisschwankungen“ aus. Auch Nikola Junick vom ÖAMTC rechnet derzeit nicht mit großen Bewegungen. Die Erfahrung zeigt, dass sich steigende Ölpreise an den Zapfsäulen innerhalb von ein bis zwei Tagen niederschlagen, die Erhöhungen aber nicht im selben Ausmaß ankommen.
Hoher Steueranteil
Das wiederum liegt am hohen Steueranteil (56 Prozent bei Benzin, 50 Prozent bei Diesel – Mineralöl- und Mehrwertsteuer) in Österreich und weiteren Kosten (Transport), die eingerechnet werden. Das heißt, der Ölpreis bildet sich maximal zur Hälfte im Treibstoffpreis ab.
Weltweit sind laut Loacker Ölreserven für ein Jahr vorrätig, 75 Prozent davon in OECD-Ländern. Österreich verfüge über Reserven für etwa 90 Tage. „Die USA haben ihre Reserven zuletzt schon nach unten gefahren, weil sie ohnehin das Gefühl haben, dass sie zu hoch sind.“