Dass Funktionäre der International Air Transport Organisation (IATA) in Wien ausgerechnet in Zeiten der heißesten Wahlkampfphase auftreten, ist kein Zufall. Peter Malanik, Präsident des Österreichischen Luftfahrtverbands, war längere Zeit selbst beruflich auf einem IATA-Ticket unterwegs. Als einer der ehemaligen AUA-Chefs setzt er sich seit Jahren für die Interessen der Branche und damit wenig überraschend für ein Ende der Ticketsteuer ein. Am heutigen Donnerstag geht überdies das Jahressymposium des Luftfahrtverbandes in Wien über die Bühne.
Dass Malanik der Forderung einmal mehr Auftrieb verleihen will, dürfte auch der immer größeren Vehemenz geschuldet sein, mit der Klimaexperten eine höhere CO2-Besteuerung von Flügen und vor allem das Aus für die - praktisch weltweite - Steuerbefreiung von Kerosin verlangen. Malanik wäre schon zufrieden, wenn das Geld aus der Ticketsteuer nicht im Budget aufgehen, sondern wieder zurück an Branche fließen würde.
Billigflieger-Boom beflügelt Wien
Die IATA wartet in Wien noch mit Hochrechnungen auf, wie viele zusätzliche Jobs der Wegfall der Steuer bringen würde: Nur, welcher Prüfung soll es standhalten, wenn heute von 14.000 mehr Jobs im Jahr 2037 die Rede ist? Bedarf für eine bessere internationale Anbindung Wiens argumentiert die IATA mit einem Europa-Ranking, in dem sie die 20 wichtigsten Städte verglichen hat. Darin landet der Flughafen Wien trotz eines 43-prozentigen Wachstums zwischen 2013 und 2018 auf Platz 15. Der Boom der Billigflieger, der nach der Air Berlin- und Niki-Pleite einsetzte und Wien zuletzt zum am stärksten wachsenden Airport Europas machte, ist nach Meinung der IATA-Ökonomin Kate Markhvida positiv: "Das hat viele zusätzliche Passagiere gebracht, die sonst nicht geflogen wären."
Von Steuern auch im Sinne von mehr Kostenwahrheit aller Verkehrsträger will Mathias Jakobi, IATA-Manager für Zentraleuropa, naturgemäß nichts wissen. "Das Thema heißt aus unserer Sicht nicht, welche Steuern kommen könnten, sondern wir wir das CO2 weg bekommen." Falls es bei der IATA Schätzungen geben sollte, welche Mehrkosten auf die Airline-Branche zukommen könnten, wenn die United Nations vom Chicagoer Abkommen aus den 1940er Jahren für die Kerosin-Steuerfreiheit abrückten, dann gibt sie diese jedenfalls nicht preis.
Keinen Zweifel hat die Organisation mit Hauptsitz im kanadischen Montreal an ihren Wachstumsprognosen: Die IATA geht weltweit von einem Boom in der Luftfahrt aus. In 20 Jahren wird mit einem Anstieg der Passagierzahlen von zuletzt 3,8 auf 8,1 Milliarden Passagiere gerechnet. Nach einem anderen Szenario könnten dann sogar elf Milliarden Passagiere jährlich um den Globus jetten. Nur bei wachsendem Protektionismus könnte es bei sechs Milliarden Passagieren bleiben. Jedenfalls dürfte schon in fünf Jahren China die USA als größten Luftfahrtmarkt der Welt überholen.
Das Passagierwachstum in Österreich bleibt den IATA-Schätzungen zufolge dagegen moderat mit voraussichtlich 26 Prozent Plus in 20 Jahren.
Dass wegen der immer intensiver geführten Klimadebatte weniger geflogen wird, sieht die IATA derzeit jedenfalls nicht. "Die meisten wollen fliegen, aber sie wollen natürlich auch, dass wir das Thema absolut ernst nehmen," so Jakobi. Er und Malanik verweisen dabei auf das Abkommen CORSIA, demzufolge das zusätzliche Wachstum der Branche ab 2020 klimaneutral erfolgen soll.
Für Peter Malanik ist synthetisches Kerosin der Schlüssel für die Airline-Industrie. Wann das tatsächlich zur Verfügung stehen könnte, ist derzeit unklar. Erste Versuchsanlagen sind in Deutschland geplant. Im Idealfall gelingt ein Durchbruch vor 2025. "Ab 2030 kommen auch hybride Flugzeuge und elektisch angetriebene Flieger in die Flotten," sagt Malanik.
Die Airlines sind auch deshalb massiv in der Kritik, weil die in großen Höhen ausgestoßenen Abgase weit klimaschädlich sind als die Emissionen am Boden. Die Wolkenbildung durch Kondensstreifen gilt als zusätzlicher Beschleuniger für die Erderwärmung.
Claudia Haase