Ein Polizeieinsatz im Finanzministerium, bei dem Beamten einen Durchsuchungsbefehl in der Tasche hatten: Was sich Mittwoch im Wiener Winterpalais abspielte, um Material von Ex-Staatssekretär Hubert Fuchs (FPÖ) einzukassieren, führte Donnerstag zu Konsequenzen.
Die Casinos Austria selbst weiten ihre internen Untersuchungen nun ebenfalls aus.
Sidlo nimmt Urlaub, bis die Vorwürfe geklärt sind. „Zur besseren Wahrung meiner Rechte und zum Schutz des Unternehmens“, erklärt er. Ursprünglich war das nicht sein Plan, weil eine Beurlaubung als Eingeständnis hätte aufgefasst werden können.
Untersuchungen beauftragt
Der 45-Jährige war auf einem FPÖ-Ticket in den Casinos-Vorstand und in den Nationalbank-Generalrat gekommen – unter möglicherweise sehr zweifelhaften Umständen. Im Hintergrund könnte ein Polit-Deal der FPÖ mit dem Glücksspielkonzern Novomatic stehen. Es gilt für alle Beteiligten die Unschuldsvermutung.
Die Casinos wie auch Novomatic wiesen die Vorwürfe am Donnerstag abermals zurück. In einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung Donnerstagvormittag wurden die Anwaltskanzlei Schima Mayer Starlinger und der Wirtschaftsprüfer-Konzern KPMG mit Untersuchungen rund um die Bestellung beauftragt.
Kritik an Casinos-Konstruktion
Die SPÖ fordert Sidlos Rücktritt. Nicht nur als Casino-Finanzchef, sondern auch von seiner Nationalbank-Funktion. „Sidlo ist ein harmloser Karrierist,“ glaubt hingegen Anlegerschützer Wilhelm Rasinger. „Die ganze Casinos-Sache ist von vornherein verpfuscht worden“, so der Präsident des Interessenverbands für Anleger. „Die Republik war dumm genug, ihre Aufgriffsrechte nicht wahrzunehmen.“
Rasinger bezieht sich dabei auf die schrittweise Abgabe einst zersplitterter Casinos-Anteile bei diversen Banken und Versicherungen und auch bei der Nationalbank. Inzwischen ist die tschechische Sazka-Gruppe größter Aktionär vor der Republik und Novomatic. Die Staatsholding ÖBAG und Novomatic verhinderten dann in akkordiertem Vorgehen, dass Sazka die Casinos völlig unter Kontrolle bekam. Rasingers Einschätzung zufolge sollten Gutachter klären, warum Informationen aus dem Personalausschuss zur Bestellung Sidlos nicht dem gesamten immerhin zwölfköpfigen Aufsichtsrat zur Verfügung gestellt worden seien.
Staatsholding an die Börse
Die Staatsholding ÖBAG sollte selbst an die Börse gebracht werden, fordert Rasinger. Die ÖBAG könnte dann sehr rasch Unternehmen oder Anteile kaufen, um den Ausverkauf an ausländische Investoren zu verhindern. „Wir brauchen verlässliche Kernaktionäre,“ so Rasinger im Klub der Wirtschaftspublizisten. Anlegern könnten stimmrechtlose Vorzugsaktien dieser Unternehmen angeboten werden. Mit zwei bis drei Prozent Vorzugsdividende seien die für Sparer hochinteressant.
Für Veranlagungen in Infrastrukturunternehmen wie OMV, Post, Telekom oder Verbund sollte es steuerliche Gewinnfreibeträge geben. Rasinger übergibt seine Funktion als Anlegerschützer 2020 an Florian Beckermann. Erst im Mai hatte er für ehemalige Kleinanleger der Constantia Packaging mit 50,1 Millionen Euro eine Rekordnachzahlung erstritten. Aus „kapitalmarkthygienischen Gründen“ liegt der Fall nun auch bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft. Die könnte nun ein Strafverfahren einleiten.
Claudia Haase