Der morgen Sonntag seinen Dienst antretende neue Nationalbankgouverneur Robert Holzmann will im EZB-Rat "eine etwas kritischere Haltung gegenüber den Vorschlägen einer weiteren monetären Vertiefung" einnehmen. Wie genau er das umsetzen werde, wisse er zwar noch nicht, darüber diskutieren wolle er mit seinen EZB-Kollegen aber jedenfalls, sagte Holzmann heute Samstag im ORF-"Journal zu Gast".
Die Sitzungen des Rats der EZB seien jetzt besonders wichtig, weil es mit Christine Lagarde ab November eine neue Präsidentin der EZB geben wird und weil eine Revision der EZB-Strategie angedacht ist, sagte Holzmann. Er werde die anderen EZB-Direktoren nicht "in einer einzigen Sitzung überzeugen können", wolle aber "einen Anstoß geben, dass in der Revision der Strategie stärker über Alternativen nachgedacht wird".
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Seine Ausbildung, seine Einstellung und auch seine beruflichen Erfahrung hätten ihn in Bezug auf die Geldpolitik "mehr zum Falken als zur Taube werden lassen", also zum Kritiker einer Ausweitung der Geldzufuhr an die Wirtschaft. Aber "empirische Evidenz" sei immer der Maßstab für seine Entscheidungen. Die expansive Geldpolitik von 2010/2012 sei als monetäre Entlastung und Unterstützung des staatlichen Anleihenmarkts "notwendig zum Überleben des Euro" gewesen, so Holzmann. Aber jetzt, wo die EZB schon zahlreiche Anleihen gekauft hat, seien "die Wahrscheinlichkeit weiterer Effekte gering, Risiken hingegen erhöht".
Holzmann ist generell gegenüber negativen Zinsen skeptisch, vor allem auch für Sparer. Wenn Menschen eigentlich sparen wollen, würden negative Zinsen nicht zu mehr Konsum führen. Das aktuell niedrige Zinsniveau berge die Gefahr der "Fehlallokation von Ressourcen und Preisen" - konkret sehe man das an den steigenden Immobilien- und Goldpreisen sowie an "erratischen Aktienpreisen". "Die damit verbundenen negativen Effekte könnten für Europa und die Welt sehr negativ sein", so Holzmann. Man könne "zu einem gewissen Grad" von einem "Fluch des billigen Geldes" sprechen.
"Will nicht den Oberlehrer geben"
Holzmann will in seiner neuen Funktion nicht den "Oberlehrer der Wirtschaftspolitik" geben, aber er werde auf EZB-Ebene das Wort ergreifen und rechne damit, dass seine Aussagen "nach Österreich zurückstrahlen könnten". Klar äußern wolle er sich aber dann, wenn ausbleibende Reformen währungspolitische Probleme bereiten sollten. Im "Journal zu Gast" machte er klar, dass seiner Erfahrung nach zu großzügige Pensionssysteme häufig zu Problemen führen.
"Ich bin ein Fan des beitragsorientierten Systems, aber das Umlagesystem in Österreich ist zu dominant", sagte er zum Pensionssystem in Österreich. Es werde nötig sein, Leistungen auf kapitalgedeckte Systeme auszuweiten.
Mehr Investitionen in die Infrastruktur
Auch wenn sich Holzmann nicht einmischen will, empfiehlt er Ländern wie Österreich unumwunden, im Sinne "Schumpeterianischer Angebotspolitik" mehr in die Infrastruktur zu investieren, das würde das volkswirtschaftliche Gleichgewicht besser sichern und zu mehr Aufschwung führen. Grundsätzlich werde man sich aber an eine Phase mit niedrigem Wachstum, Inflation und Zinsen gewöhnen müssen.
Von der FPÖ nominiert
Holzmann, der von der FPÖ für den Posten des Gouverneurs nominiert wurde, betont. "Ich habe nie einer Partei angehört und plane nie einer Partei anzugehören". "Leider" sei es aber "ohne Unterstützung einer der Parteien unmöglich, als Neutraler hinein zu kommen". Von der FPÖ habe es an ihn "nicht eine einzige Vorgabe, wie ich mich verhalten sollte" gegeben, versicherte er.
"Ich habe ein sehr offenes Verhältnis zu den Freiheitlichen, weil sie eine Richtung gehabt haben, die liberal freiheitlich war, das entspricht meiner Einstellung, das entspricht meiner Erziehung, das entspricht meiner Einsicht. Es gibt viele Bereiche, wo ich sehr kritisch bin aber auch Bereiche noch immer, wo ich sie unterstütze." Positiv finde er etwa, dass die FPÖ die Diskussion über Flüchtlinge in Gang bringe, denn aus Holzmanns Sicht sei klar, dass ungeordnete Migration weder den Betroffenen noch den Ländern noch Österreich helfe. Weniger begeistert sei er von der "zu geringen Abgrenzung gegen den rechten Rand".
"Keine Einfärbung, sondern politische Realität"
Von dem bisherigen FPÖ-Kommunalpolitiker Eduard Schock, der ebenfalls von der FPÖ in das OeNB-Direktorium entsandt wurde, hat Holzmann eine positive Meinung. "Ich kenne Herrn DDr Schock schon seit langem, ist ein Ex-Student von mir, war auch Ex-Student von Van der Bellen, weil er dort seine Dissertation gemacht hat und ich glaube, er wird einen guten Job machen", so Holzmann.
Grundsätzlich glaube er nicht, dass durch Interventionen der Freiheitlichen bei der Nationalbank ein Schaden eingetreten sei. Es sei Teil der Demokratie, dass solche Positionen einer Unterstützung der Parteien unterliegen: "Das ist für mich keine Einfärbung, das ist politische Realität". Auch dass nun mit ihm als Gouverneur und Schock als Direktor die FPÖ-Vertreter im vierköpfigen Direktorium der OeNB sich gegen die beiden ÖVP-Vertreter durchsetzen könnten, weil der Gouverneur bei Stimmengleichstand entscheidet (Dirimierungsrecht), werde in der Praxis keine Rolle spielen, glaubt Holtzmann. Nowotny habe dieses Recht nie genutzt und "es ist auch meine Absicht, nie dieses Recht zu nutzen".