Der scheidende OeNB-Präsident Ewald Nowotny (75) hat beim Forum Alpbach seinen letzten öffentlichen Auftritt absolviert und erneut für eine Reform des EZB-Inflationsziels plädiert. Ab Sonntag, 1. September, ist Robert Holzmann als neuer Chef der Notenbank im Amt.
Nowotny war in seiner 11-jährigen Amtszeit als Präsident der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) auch Mitglied im EZB-Rat. Die Europäische Zentralbank (EZB) versucht mit ihrer Geldpolitik, die Inflationsrate auf mittlere Sicht unter, aber nahe 2 Prozent zu halten und damit Preisstabilität zu garantieren. Die Inflationsentwicklung spielt eine wichtige Rolle bei der Zinspolitik der EZB.
Mehr Flexibilität
Nowotny fordert ein flexibleres EZB-Inflationsziel, weil es einen langfristigen Trend zu niedrigeren Inflationsraten gebe. Die Gründe für den Inflationsrückgang sieht der Notenbanker unter anderem in hohen Spareinlagen, einer ungleichen Einkommensverteilung und technologischem Wandel begründet. Technologiekonzerne wie Google und Facebook würden viel weniger Kapital benötigen als Industriekonzerne. "Die Zentralbanken können hier nichts machen." Deswegen sei ein flexibleres Inflationsziel notwendig.
Der scheidende OeNB-Präsident verwies auf die tschechische und israelische Notenbank, die beim Inflationsziel flexibler vorgehen. Es wäre zum Beispiel ein Teuerungsziel von 2 Prozent mit einem Spielraum von 1 bis 3 Prozent denkbar. Wenn es kein flexibleres Inflationsziel gebe, dann werde es womöglich für immer eine expansive Geldpolitik geben.
Nowotny hofft, dass trotz der politischen und wirtschaftlichen Turbulenzen in Italien dort bald Pragmatismus einzieht. "Die erste Priorität ist, dieser Regierung eine Chance zu geben, zu überleben." Der scheidende EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger sagte bei der Podiumsdiskussion mit Nowotny, dass Italien bis Mitte Oktober einen ersten Budgetentwurf nach Brüssel melden muss. Wenn der Entwurf fünf bis zehn Tage später erfolge, dann sei dies auch "kein Problem". Am Podium in Alpbach saß auch die italienische Ökonomin Lucrezia Reichlin, die in italienischen Medien als Ministerin in einer neuen italienischen Regierung kolportiert wurde. "Ich fühle mich sehr geehrt, dass mein Name genannt wurde. Es hat mich aber noch niemand angerufen", sagte Reichlin.