China will einem Pressebericht zufolge bereits im Herbst mit einer Digitalwährung an den Start gehen und damit Facebook ausstechen. Das US-Finanzmagazin "Forbes" berichtete unter Berufung auf zwei mit der Sache vertraute Personen, dafür sei der 11. November vorgesehen: der sogenannte Single's Day - der weltgrößte Online-Schnäppchen-Tag.
Die Notenbank in Peking arbeitet bereits seit 2014 am Aufbau einer eigenen Digitalwährung. Anfang des Monats hatte der für den Bereich Zahlungsverkehr zuständige Vizedirektor mitgeteilt, man sei nun "fast fertig".
Vor Libra
Der Vorstoß zum Aufbau einer eigenen Kryptowährung in dem Land mit seiner Milliardenbevölkerung fällt in eine Zeit, in der auch der amerikanische Internet-Konzern Facebook eigene Pläne für sein Kryptogeld Libra vorantreibt: Es soll in der ersten Hälfte 2020 gestartet werden. Das Projekt ist bei Finanzaufsehern weltweit jedoch auf Skepsis gestoßen.
"China wollte Facebook zuvorkommen. Dennoch ist es überraschend, dass es nun offenbar so schnell geht, die Kryptowährung bereits am 11. November live zu schalten", sagte Experte Kai von Carnap vom Berliner Mercator Institute for China Studies (Merics) am Mittwoch. "Wir wissen noch nicht viel über die technische Struktur: Doch scheint es, dass die chinesische Kryptowährung dem Libra-Coin ein bis zwei Schritte voraus ist, der noch auf recht wackligen Beinen steht." Chinas Währungshüter würden wahrscheinlich versuchen, mit dem digitalen Yuan auch den internationalen Markt anzugehen: "Über die neue Seidenstraßeninitiative wird man den Versuch unternehmen, auch Drittländer von der Nutzung zu überzeugen."
Alibaba von Anfang an dabei
Laut dem Forbes-Bericht hat die Notenbank PBOC zunächst sieben Institutionen für die Verbreitung des neuen Digitalgeldes ausgewählt, darunter der chinesische Amazon-Rivale Alibaba, sowie der ebenfalls einheimische Internetgigant Tencent. Des Weiteren sollen die Kreditkartenorganisation China UnionPay und vier Staatsbanken die neue Kryptowährung unter die Leute bringen. Eine Bestätigung war von den in dem Bericht genannten Starterkreis vorerst nicht zu erhalten.
Während China mit seinen Plänen für ein eigenes Digitalgeld nun auf die Zielgerade eingebogen ist, kämpft Facebook noch mit Anlaufschwierigkeiten. Die EU-Wettbewerbsbehörden prüfen Medienberichten zufolge mögliche Probleme mit Libra. Es bestehe demnach die Sorge, dass diese Konkurrenten auf unzulässige Art aussperren würde. Zudem werde eine mögliche Verzahnung von Libra mit Diensten des US-Konzerns wie WhatsApp und Messenger analysiert. Allein wegen der potenziellen Zahl der Nutzer - bei Facebook sind etwa 2,4 Milliarden Menschen registriert - dürfte Libra im internationalen Geldsystem eine wichtige Rolle spielen.
Unabhängig von den Plänen des Privatunternehmens Facebook hat der britische Notenbankchef Mark Carney jüngst allerdings den Aufbau einer neuen, übernationalen Reservewährung vorgeschlagen. Er beklagt eine destabilisierende Rolle des Dollar für die Weltwirtschaft. Viele Staaten seien deswegen den Verwerfungen der US-Wirtschaft ausgeliefert. Der beste Ansatz, den Dollar zu ersetzen, ist laut Carney eine gemeinsame, virtuelle, multi-polare Reservewährung. Ein "Netzwerk von Währungen der Zentralbanken" könne so die beherrschende Stellung des Dollar beim Handel einschränken.