Im Streit um die transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen hat US-Präsident Donald Trump ein Treffen mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel für scharfe Kritik an den Handelspraktiken der Europäischen Union genutzt. Sein Land habe im Handel mit der EU "über die Jahre viel Geld verloren", sagte Trump am Montag zum Auftakt der Unterredung am Rande des G-7-Gipfels in Biarritz.
Die EU sei in Handelsfragen "genauso schwierig wie China". Merkel regte an, "so schnell wie möglich" in "vertiefte Gespräche" über Handelsfragen zu treten. Eine Intensivierung des Handels zwischen der EU und den USA sei im beidseitigen Interesse, sagte Merkel. "Ich glaube, wir können Lösungen finden."
Sie warb dafür, die mit der EU geplanten Verhandlungen über die Abschaffung von Zöllen auf Industriegüter zu starten. Selbst wenn man der Meinung sei, dass noch andere Dinge auf die Tagesordnung müssten, sollte man mit den Gesprächen beginnen. "Ich hoffe, dass das auch so stattfinden kann", sagte Merkel.
Streitpunkt Landwirtschaft
Die USA blockieren bisher den Start der Verhandlungen, weil sie wollen, dass auch über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen geredet wird. Aus EU-Sicht ist dies jedoch derzeit ausgeschlossen. Vor allem Frankreich befürchtet starke Einbußen für seine Landwirte, sollten sämtliche Einfuhrbeschränkungen wegfallen.
Das geplante Abkommen über den Abbau von Zöllen auf Industriegüter soll eigentlich dazu beitragen, die Einführung von Sonderzöllen auf europäische Autos zu verhindern. US-Präsident Trump hatte damit gedroht, sollte die EU Gespräche über neue Handelsregeln blockieren. Davon wären vor allem deutsche Hersteller betroffen. In Brüssel wird allerdings betont, dass Gespräche über Agrarzölle in einer 2018 zwischen Trump und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker getroffenen Grundsatzvereinbarung zur Schlichtung des Handelsstreits nicht vereinbart wurden. Merkel wies am Montag darauf hin, dass sich die US-Sojaexporte in die EU zuletzt mehr als verdoppelt hätten. "Wir haben (...) durchaus Veränderungen im Handelsgefüge mit den Vereinigten Staaten von Amerika", sagte sie.
Hoffnung auf China-Deal
Merkel äußerte zudem die Hoffnung auf eine baldige Beilegung des Handelsstreits zwischen den USA und China. Ein "gutes Abkommen" zwischen den beiden Ländern sei "in unser aller Interesse", sagte die Kanzlerin. "Wir merken doch, dass wir alle miteinander verbunden sind."
Er hoffe, keine Zölle auf deutsche Autos erwägen zu müssen, sagte Trump. Zudem hoffe er, dass er einen "guten und fairen Deal" mit der Europäischen Union abschließen könne.
Das US-Handelsministerium hatte im Februar einen Prüfbericht über die Bedrohung der nationalen Sicherheit durch Auto-Importe an Trump übergeben. Dieser will spätestens im Herbst über Strafzölle auf europäische Importwagen entscheiden. Von den angedrohten Maßnahmen wären vor allem deutsche Anbieter wie Volkswagen, BMW und Daimler betroffen. Sollten die US-Strafzölle letztlich doch kommen, drohen der deutschen Wirtschaft laut dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) jährliche Mehrkosten in Höhe von sechs Milliarden Euro.
Trump kommt nach Deuschland
Nach dem Treffen mit dem US-Präsidenten sagte die Kanzlerin: "Unsere Gespräche sind immer sehr offen und unkompliziert, auch wenn man unterschiedliche Meinungen hat." Sie habe dem Präsidenten erneut vorgeschlagen, zur Intensivierung der Handelsbeziehungen kleine und mittlere Unternehmen aus den USA zu einer "größeren Konferenz" nach Deutschland einzuladen. Dabei sollten die USA mit dem deutschen Markt vertraut gemacht werden, sagte die Kanzlerin. Gerade kleine und mittlere Unternehmen seien hier im Nachteil gegenüber großen Konzernen, die schon lange in Deutschland vertreten seien. Ihr Vorschlag sei bei dem Treffen mit Trump "auf Zustimmung gestoßen", sagte sie.
Bei dem Treffen mit Merkel kündigte Trump einen baldigen Besuch in Deutschland an - es wäre sein erster bilateraler Besuch dort seit seinem Amtsantritt. "Wir werden sehr bald dort sein", sagte Trump, ohne ein genaues Datum zu nennen. Der Präsident verwies auf seine Vorfahren, die aus der Pfalz in die USA ausgewandert waren: "Ich habe Deutschland ja im Blut", sagte er.
Merkel wies bei dem Treffen darauf hin, dass sie "den Präsidenten schon vielfach eingeladen" habe. Die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer sagte in Berlin, die USA gehörten zu den engsten Partnern Deutschlands - "und selbstverständlich würde die Bundesregierung einen Besuch des US-Präsidenten sehr begrüßen".
Seit seinem Amtsantritt im Jänner 2017 war der Präsident erst ein Mal in Deutschland - beim G-20-Gipfel vor zwei Jahren in Hamburg. Einen Besuch in Berlin gab es bisher aber noch nicht. Dies war auch als Ausdruck der seit Trumps Amtsantritt angespannten Beziehungen zwischen Washington und Berlin gewertet worden.