Die internationale Zusammenarbeit in Steuerfragen funktioniert schlecht. Die Verfahren sind nicht harmonisiert, viele Länder leisten Widerstand und verzögern den Austausch. Aber auch innerhalb Österreichs gibt es Probleme, darunter zu wenig Personal, keine fixen bundesweiten Steuernummern und teilweise nicht den Standards entsprechende internationale Abkommen, kritisiert der Rechnungshof.
"Die Vielzahl und die Zunahme an unterschiedlichen Rechtsgrundlagen führten dazu, dass der Vollzug für die österreichische Finanzverwaltung komplex und verwaltungsaufwendig war", heißt es in einem heute Freitag veröffentlichten Rechnungshofbericht. Teilweise macht sich Österreich das Leben dabei allerdings selber schwer. So entsprechen von 91 Doppelbesteuerungsabkommen 19 nicht vollständig dem OECD-Musterabkommen. Und beim Austausch von Informationen mit den USA im Rahmen des "FATCA" (Foreign Account Tax Compliance Act) hat Österreich als einziges EU-Land keinen automatischen Informationsaustausch vereinbart. Das führe letztlich zu Gruppenanfragen der US-Behörden an die österreichische Finanzverwaltung, die seit 2016 deutlich anstiegen und im Zentralen Verbindungsbüro (CLO) einen Verwaltungsmehraufwand verursachten.
Probleme mit Schweiz und Lichtenstein
Auch Österreichs bilaterale Abkommen mit der Schweiz und mit Liechtenstein laufen holprig. "Mit der Schweiz war die Vollstreckungsamtshilfe auf "Grenzgänger" eingeschränkt. Mit Liechtenstein war bislang kein elektronischer Austausch von Informationen in der Ermittlungsamtshilfe möglich", vermerkt der Rechnungshof.
Aber selbst innerhalb der EU läuft die Zusammenarbeit schlecht. Das fängt damit an, dass es innerhalb der EU keine einheitliche Steueridentifikationsnummer gibt. Damit ist etwa "beim automatischen Informationsaustausch die Zuordnung der Informationen zu einer steuerpflichtigen Person schwierig und die manuelle Nachbearbeitung für die Finanzämter aufwendig". Es geht dabei auch um große Datenmengen, 2014 bis 2016 waren rund 35.200 Datensätze davon betroffen, 14 Prozent der 255.600 eingelangten Meldungen.
Bevor sich Österreich da mit Kritik an die EU wendet, sollte man sich selber an der Nase nehmen: Denn "nicht einmal in Österreich selbst gab es eine einheitliche Steueridentifikationsnummer, weil die Steuernummer an den jeweiligen Zuständigkeitsbereich eines Finanzamts gebunden war. Änderte sich die Zuständigkeit des Finanzamts, änderte sich auch die Steuernummer", erinnert der Rechnungshof und empfiehlt die Einführung einer unveränderlichen Steuernummer in Österreich.
Eigeninteressen der EU-Staaten
Die in der EU für den Informationsaustausch vorgesehenen standardisierte elektronische Formulare (eForms) wiederum waren aus Sicht der Finanzämter "sehr umfangreich, zeitraubend, kompliziert und aufwendig". Auch die Sprachenvielfalt erschwerte den Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten und führte zu Zeit-und Qualitätsverlusten sowie zu Verständigungsschwierigkeiten.
"Einer erfolgreichen EU-weiten Zusammenarbeit standen mangelnde Kooperationsbereitschaft ausländischer Finanzbehörden, die Verfolgung nationaler Eigeninteressen mancher EU-Mitgliedstaaten sowie damit verbunden eine lange Verfahrensdauer entgegen" weist der Rechnungshof aber auch auf mangelnde Bereitschaft zur Zusammenarbeit hin.
In dieser Frage schneidet Österreich besser ab als seine internationalen Partner: Obwohl die Anzahl der Amtshilfe-Anfragen an Österreich von 2009 bis 2017 um 44 Prozent stieg (von 2.976 auf 4.296) wurden im Schnitt über 70 Prozent innerhalb von 90 Tagen erledigt. Österreichs Ansuchen an andere Staaten verdreifachten sich im gleichen Zeitraum (von 1.208 auf 3.576). Aber nur 29 Prozent der Antworten bei direkten Steuern und nur knapp mehr als die Hälfte der Antworten bei indirekten Steuern kamen innerhalb von 90 Tagen. Teilweise dauerte es über ein Jahr.
Zu wenig Personal
Der Rechnungshof kritisiert zudem die Personalausstattung in Österreich: 9 Prozent der 2017 für die Steuer- und Zollverwaltung vorgesehenen 10.054 Planstellen waren nicht besetzt, obwohl die überprüften Finanzämter übereinstimmend angaben, dass die Personalressourcen für die wachsenden Aufgaben in der internationalen Zusammenarbeit nicht ausreichend seien. "Die restriktive Personalpolitik des Ministeriums bewirkte Einbußen in der Qualität der Aufgabenerfüllung. Das Ministerium nahm damit über Jahre hinweg in Kauf, dass die Finanzämter aufgrund der angespannten Personalsituation die gesetzlich übertragenen Aufgaben nicht ausreichend wahrnehmen konnten" heißt es im RH-Bericht. Und weiter: "Das Ministerium nahm trotz der budgetierten Personalkapazität wiederholt pauschale Kürzungen im Personaleinsatzplan vor. Es regulierte den Arbeitsaufwand nicht über das Personal, sondern über Kürzung von Kontrollquoten."
"Dem Ministerium war weder der tatsächliche Ressourceneinsatz noch der Personalbedarf für die Wahrnehmung des internationalen Informationsaustauschs in Steuerangelegenheiten bekannt. Trotzdem kam es zu einer Personalreduktion in den Finanzämtern", so der Rechnungshof. Und offenbar gibt es auch kein Interesse an einer nachvollziehbaren Bedarfserhebung: Das Ministerium brachte die angekündigte Personalbedarfserhebung seit Jahren nicht zum Abschluss. Im August 2018 teilte das Ministerium mit, die Personalbedarfserhebung nicht weiter zu verfolgen, vermerkt der Rechnungshof.
Auch im Zentralen Verbindungsbüro, das in die Steuerfahndung eingebunden war und als zentrale Drehscheibe für den internationalen Informationsaustausch agierte, wurde das Personal zwischen 2009 und 2017 nicht erhöht (etwa 17 Vollzeitäquivalente) obwohl die Fälle der internationalen Zusammenarbeit in Steuerangelegenheiten stark stiegen.
Der Rechnungshof lobt grundsätzlich das Mehrwertsteuer-Informationsaustauschsystem der EU als Instrument im Kampf gegen Umsatzsteuerbetrug. Damit es funktioniert, müssten aber die Daten aus allen EU-Mitgliedstaaten "vollständig, richtig, zeitnah, gültig und verfügbar sein. Dies war allerdings nicht sichergestellt. Umfangreiche Abstimmungsarbeiten nahmen Ressourcen in Anspruch und standen dadurch nicht für zielgerichtete Prüfungshandlungen zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen zur Verfügung." Finanziell würde es sich wohl lohnen, mehr Ressourcen zur Verfügung zu stellen, der Rechnungshof erinnert daran, dass die EU-Kommission den Schaden aus Umsatzsteuerbetrug für das Jahr 2015 EU-weit auf 151,5 Mrd. Euro und für Österreich auf 2,36 Mrd. Euro schätzt.