Die Führungsspitze der angeschlagenen Restaurantkette Vapiano hat scharfe Kritik von Aktionären einstecken müssen. Bei der Expansion habe das Unternehmen viel Geld "verbrannt" und sei nicht fähig gewesen, rechtzeitig die Reißleine zu ziehen, sagte Kleinaktionär Matthias Gäbler am Mittwoch bei der Hauptversammlung. Andere unzufriedene Anteilseigner bewerteten die Lage als "sehr kritisch".
Im vergangenen Jahr machte Vapiano 372 Millionen Euro Umsatz und erwirtschaftete dabei 101 Millionen Euro Verlust . "In nur einem einzigen Jahr wurden 100 Millionen Euro in der Küche verdampft", sagte kopfschüttelnd ein Aktionär, der nicht namentlich genannt werden wollte. Vapiano hat weltweit derzeit etwa 230 Restaurants, davon 17 in Österreich.
Aktienkurs zerbröselt
Ein Grund für die schlechte Stimmung war auch der miserable Aktienkurs: Seit dem Börsengang vor zwei Jahren hat die Vapiano-Aktie mehr als 80 Prozent ihres Wertes eingebüßt.
Der Aktionärstreff in einem Kölner Hotel unweit der Firmenzentrale war planmäßig der letzte große Auftritt von Vapiano-Chef Cornelius Everke. Der hatte am Sonntag überraschend seinen Rücktritt zum Monatsende verkündet, obwohl sein Vertrag noch bis Sommer 2021 lief. Everke ist seit Mai 2018 im Vorstand und hat im Dezember den Vorsitz übernommen. Er arbeitete ein Sanierungsprogramm aus, das die Expansion abbremsen soll - seit Jahresbeginn wurden fünf Restaurants zugemacht und nur noch acht neue eröffnet. Damit stieg die Gesamtzahl der Lokale weltweit auf 234, etwa ein Drittel davon in Deutschland.
Everke stellte bei der Versammlung seine bereits bekannte Strategie vor: Neben ihrer veränderten Expansion will Vapiano Arbeitsabläufe verbessern und die Menükarte abspecken. Der scheidende Vorstandschef bekräftigte nach Angaben von Teilnehmern das Ziel, 2021 wieder Gewinne zu schreiben. Aktionäre äußerten ihren Unmut, dass ausgerechnet Everke den Weg in die Zukunft aufzeige, an der er selbst nicht mehr teilhaben wolle. Pressevertreter waren bei der Hauptversammlung nicht zugelassen.
Weiterer Abgang
Trotz der angespannten Situation äußerten Anleger auch zaghafte Hoffnung. Er sei durchaus optimistisch, dass die Strategie zu einer Verbesserung der Lage führen werde, sagte Thomas Hechtfischer von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Gäbler betonte: "Das italienische Essen ist nach wie vor in Mode." Und Kleinaktionär Klaus Teitscheid ergänzte: "Vielleicht wird das hier irgendwann doch noch eine große Sache."
Mit von der Partie war auch Vanessa Hall, die Aufsichtsratsvorsitzende von Vapiano. Die 52-jährige Britin soll vorerst die Nachfolgerin von Everke werden. Aktionär Gäbler konnte mit dieser Personalie wenig anfangen. Bei der missratenen Expansion mit vielen Verlustbringern im Restaurantnetz habe Hall als Chefkontrolleurin zu lange tatenlos zugesehen. "Da hat sie versagt."
Unterdessen wurde bekannt, dass die Kölner Firma neben Everke einen weiteren Top-Manager verliert. Der bisherige Vapiano-Deutschland-Chef Martin Heuer startet im September im Vorstand von Block House, wie die Hamburger Restaurantkette auf Anfrage mitteilte. Zuvor hatte die Fachzeitschrift "Foodservice" darüber berichtet.
Käufersuche für US-Standorte
Vor allem einige Standorte im Ausland laufen schlecht. Experten pochen auf eine zügige Sanierung. "Es gilt nun, schnell nichtprofitable Restaurants zu schließen", sagt Boris Tomic, Chefredakteur von "Foodservice". Das sei besonders wichtig in schlecht laufenden Märkten wie Australien oder USA. Vapiano sollte sich auf Deutschland, Frankreich und Österreich konzentrieren.
Ihr US-Geschäft wollte Vapiano bereits loswerden, Anfang des Jahres wurde ein Kaufvertrag im Volumen von 20 Millionen US-Dollar (18,06 Mio. Euro) mit einem kalifornischen Dienstleister unterzeichnet. Der aber zahlte nicht, daher muss sich Vapiano nun einen neuen Käufer suchen. Diese, in der vergangenen Woche bekannt gewordene Hiobsbotschaft führte dazu, dass sich die Situation weiter verschärft hat. Nur zwei Tage später gab Everke seinen Rücktritt bekannt - aus "persönlichen Gründen". Das sei ein "extrem schlechter Zeitpunkt", warfen ihm Anteilseigner vor.
Einer der Großaktionäre sah es ähnlich. Hans-Joachim Sander, der mit seiner Frau und Wella-Erbin Gisa Sander mehr als 15 Prozent am Stammkapital hält, sagte "Spiegel Online", er habe wenig Verständnis für Everkes Entscheidung - er erwarte "Standfestigkeit" von einem Firmenchef. Dessen designierte Nachfolgerin Hall bewertete der Großaktionär hingegen positiv als "exzellente Managerin".