Das vierte Lehrjahr endet im Oktober, die Lehrabschlussprüfung ist für März vorgesehen und die ersten Module für die begleitende Matura wurden ebenfalls bereits erfolgreich absolviert. Ob der 20-jährige D. die Ausbildung in seinem steirischen Ausbildungsbetrieb in der Metallwarenbranche tatsächlich abschließen kann bzw. darf, ist seit wenigen Tagen höchst fraglich. Seit Kurzem ist er mit einem negativen Asylbescheid konfrontiert, diesen habe er zwar beeinsprucht, ob es aber tatsächlich zur erhofften aufschiebenden Wirkung kommt, ist ungewiss. 2015 hat D., der aufgrund seiner aktuellen Situation bittet, seinen vollen Namen nicht zu nennen, seine Lehrlingsausbildung begonnen.
Unmut in vielen Betrieben
Zur Erinnerung: Ab 2012 war es in Österreich per Erlass für Asylwerber unter 25 Jahren möglich, eine Lehre in einem vordefinierten Mangelberuf zu absolvieren. Dieser Erlass wurde im Vorjahr von der türkis-blauen Regierung gestrichen. Und nicht nur das: Gibt es einen negativen Asylbescheid, darf die Ausbildung nicht mehr beendet werden. Die harte Linie, die die frühere Regierung in dieser Frage gefahren ist, hat bei vielen Wirtschaftsvertretern Unmut ausgelöst. Das Wirtschaftsparlament der steirischen Wirtschaftskammer hat beispielsweise einstimmig dafür gestimmt, das Aufenthaltsrecht für junge Asylwerber, die gerade eine Ausbildung absolvieren, zu verlängern. Genützt hat es nichts.
"Gemeinsamer Antrag möglichst vieler Parteien"
Josef Muchitsch, Vorsitzender der Baugewerkschaft und SPÖ-Sozialsprecher, will nun noch vor der Nationalratswahl einen neuen Anlauf unternehmen, um zumindest sicherzustellen, dass jene 900 asylwerbenden Jugendlichen, die aktuell eine Lehre absolvieren, nicht abgeschoben werden, bevor eine neue Regierung steht.
Im Nationalrat soll „spätestens am 25. oder 26. September“ ein Entschließungsantrag eingebracht werden, „der eine sofort in Kraft tretende Übergangsregelung mit aufschiebender Wirkung sicherstellt, bis dann eine neue Bundesregierung angelobt ist und das Thema neu in Angriff nehmen kann“. Es gehe also „nicht um ein neues Gesetz, sondern um eine Fristverlängerung“, so Muchitsch zur Kleinen Zeitung. „Am besten wäre ein gemeinsamer Antrag möglichst vieler Parteien.“ Es gehe ihm nicht darum, „dass da ein Parteipickerl auf dem Antrag drauf ist, sondern um einen gemeinsamen Antrag der Vernunft, ich will mit allen Fraktionen darüber sprechen“.
Seit sich die frühere WirtschaftsministerinMargarete Schramböck (ÖVP) zuletzt dafür ausgesprochen hat, dass dieses Thema in etwaigen Koalitionsverhandlungen mit einem neuen Partner „neu beurteilt“ werden müsse, habe er die Hoffnung, „dass eine vernünftige und schnelle Übergangslösung gefunden wird“.
"Wir brauchen diese jungen Menschen"
Hermann Talowski, Obmann der Sparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer, begrüßt die Initiative, „wer auch immer so einen Antrag einbringt“. In der Steiermark absolvieren aktuell 113 Asylwerber eine Lehre in einem der vordefinierten Mangelberufe, „diese Abschiebungen treffen ja auch die betroffenen Betriebe ganz massiv. Wir brauchen diese jungen Menschen.“ Er verweist darauf, dass steiermarkweit bereits jetzt rund 25.000 Fachkräfte fehlen und aktuell 2500 offene Lehrstellen verzeichnet werden. „Davor können wir die Augen nicht verschließen, umso unverständlicher ist es, dass man hier motivierte Jugendliche, die sich bestens integrieren, mitten in der Ausbildung abschiebt“, so Talowski. Mittlerweile würden Betriebe ja auch vermehrt in anderen Ländern nach potenziellen Lehrlingen suchen.
Sowohl Talowski als auch Muchitsch betonen, „dass keiner dieser Asylwerber, der eine solche Lehre absolviert, einem Österreicher den Lehrplatz weggenommen hat“. Es gehe ausschließlich um Lehrstellen, „die von Betrieben und AMS sonst nicht besetzt werden können“. Zudem handle es sich um junge Menschen, „die so von Leistungsempfängern zu Beitragszahlern wurden, sie zahlen ab dem ersten Tag in der Lehre Sozialbeiträge, kosten dem Staat kein Geld mehr“.