"Wir waren noch nicht so weit“, erzählt Finanzvorstand Michael Wachsler-Markowitsch mit einem Blick auf den 15. Juli. Damals wurde zu späterer Stunde erstmals spruchreif, dass die steirische ams AG den deutschen Großkonzern Osram übernehmen will. Stunden später – von Osram erntete man skeptische Signale – zog ams das Angebot aber wieder zurück, um nun schlussendlich wissen zu lassen, dass man den deutschen Leuchtenspezialisten doch kaufen wolle. Zu 38,50 Euro je Aktie und damit zu einem höheren Preis als der US-amerikanische Übernahme-Konkurrent Bain und Carlyle (35 Euro).
In Summe würde die Übernahme den in der Schweiz börsenotierten Sensorikspezialisten rund 4,3 Milliarden Euro kosten. Geht die Fusion über die Bühne, würde laut ams ein „weltweit führender Anbieter von Sensoriklösungen und Photonik“ entstehen, der schon bald mehr als fünf Milliarden Euro pro Jahr umsetzen könnte. Macht die ams AG heute 75 Prozent des Umsatzes im Segment „Consumer“ – Produkte der Steirer finden sich in den meistverkauften Smartphones oder Datenuhren der Welt –, sollen es nach der Übernahme nur mehr 35 Prozent sein. Dafür würde vor allem das Segment „Automotive“ von derzeit 10 auf 45 Prozent stark anwachsen.
Man habe „die Hausaufgaben erledigt“ und ein solides Finanzierungskonzept auf die Beine gestellt, erklärt Michael Wachsler-Markowitsch den neuen Versuch. „Ich denke, mit dem Angebot, das wir Osram unterbreitet haben, haben wir auf alle ihre Bedenken geantwortet“, sagt auch ams-Chef Alexander Everke. Osram ließ gestern Abend wissen, dass man die Finanzierung „verbindlich und tragfähig“ einschätze und in „Verhandlungen eintreten“ werde.
„Das Headquarter bleibt in Premstätten“
Wie sich eine etwaige Übernahme auf den Standort in der Nähe von Graz auswirken würde? „Das Headquarter bleibt in Premstätten“, sagt Wachsler-Markowitsch zur Kleinen Zeitung. Ein Zusammenschluss werde für den steirischen Standort außerdem „nur positive Auswirkungen haben“ – auch, weil man dann dort „noch schneller wachsen“ könne. Einen Fokus auf europäische Standorte will die ams AG zudem bei Osram legen und gibt deswegen eine dreijährige Garantie für deutsche Betriebsstätten ab. Die Zentrale in München behalte einen Großteil der Entscheidungskompetenz, ein Teil der Produktion soll sogar von Asien nach Regensburg gebracht werden. Ein Signal an die Gewerkschaft, welche die Übernahme kritisch sieht.Klar ist aber: Der Leuchtenprofi steckt in Schwierigkeiten, dementsprechend schlecht liegt dessen Aktie. An der Börse ist Osram, der Umsatz ist dreimal so hoch wie jener der ams AG, sogar weniger wert als der potenzielle Käufer. Und das, obwohl die Aktie des steirischen Unternehmens nach dem erneuten Offert nachgab und die Osram-Papiere stiegen. Finanziert wird die milliardenschwere Übernahme von den Banken HSBC und UBS, ein Teil soll per Kapitalerhöhung in Höhe von 1,5 Milliarden Euro zurückgezahlt werden. Bestehenden Verbindlichkeiten der ams AG (2,2 Milliarden Euro) und von Osram (2,2 Milliarden) steht u.a. das Osram-Eigenkapital in Höhe von 2,3 Milliarden Euro gegenüber. Zusammen mit dem Eigenkapital der ams AG von 1,3 Milliarden und der avisierten Kapitalerhöhung stünden den Schulden also knapp fünf Milliarden an Eigenkapital gegenüber. Was eine Erklärung ist, warum die Banken den spektakulären Deal bereitwillig unterstützen.