Der in London und in Wien börsennotierte Feuerfest-Konzern RHI Magnesita hat im ersten Halbjahr 2019 bei leicht gestiegenem Umsatz einen deutlichen Gewinnsprung hingelegt. Der Gewinn vor Steuern legte um 83 Prozent auf 165 Millionen Euro zu, teilte das Unternehmen am Montag mit und kündigte die Ausschüttung einer Zwischendividende von 0,50 Euro je Aktie an.
RHI Magnesita steigerte den Umsatz gegenüber der ersten Jahreshälfte 2018 um 2,2 Prozent auf 1,54 Milliarden Euro. Das liege vor allem an der Produktionsmengenausweitung der Kunden, erklärte CEO Stefan Borgas im Gespräch mit der APA. "Stahl macht ungefähr 65 Prozent unseres Geschäfts aus. Unsere Kunden haben im ersten Halbjahr weniger Stahl produziert, in allen anderen Bereichen war das Mengenwachstum aber positiv." Die Profitabilität sei überproportional gestiegen, weil man mach dem Merger von RHI und Magnesita eine Reihe von Synergiemaßnahmen ergriffen habe. "Und wir haben angefangen, punktuell Preiserhöhungen umzusetzen, die ebenfalls die Profitabilität erhöhen", so Borgas.
Verändertes Geschäftsmodell
Die Preiserhöhungen seien möglich und notwendig, "weil wir unser Geschäftsmodell schrittweise umändern. Wir ändern uns von einem reinen Materiallieferanten hin zu einem Lösungsanbieter." So mache etwa der Materialwert einer Feuerfest-Ausmauerung für einen Stahlproduzenten nur etwa zwei Prozent der Herstellungskosten von Stahl aus. "Er hat aber ungefähr acht bis zehn Prozent Kosten, um diese brutale Hitze in seinem Stahlwerk zu managen." Wenn es gelinge, diese Kosten beim Kunden zu reduzieren und einen Teil der Einsparungen mit dem Kunden teile, steige auch die Profitablität von RHI Magnesita.
Durch den Merger Anfang 2018 habe man im Vergleich zu 2017 bereits Synergien von 90 Millionen Euro erzielt. "2019 kommen noch ungefähr 20 Millionen an Synergien dazu." Kostensenkungen gebe es durch Einsparungen in der Verwaltung, durch Verbesserungen beim Einkauf und durch eine Optimierung des Produktionsflusses in den insgesamt 35 Werken weltweit. Die Kostensenkung in der Verwaltung mache etwa ein Drittel der Synergien aus und sei bereits zu 75 Prozent erreicht worden. "Davon hat Österreich sogar profitiert, weil wir beim Merger zunächst zwei Headquarters hatten, und wir haben uns entschlossen, unser Headquarters in Wien zu belassen und haben das andere geschlossen. Dadurch ist der Standort Wien gewachsen und nicht geschrumpft."
Das Supply Chain Management bzw. den Einkauf habe man in Rotterdam zentralisiert, "da hat Österreich gelitten, weil wir Arbeitsplätze verlagert haben von Leoben nach Rotterdam. In der Summe war das trotzdem positiv für Österreich, aber im Einzelfall gab es auch in Österreich Einbußen." Das zweite Drittel der Synergien resultiere aus einer Optimierung und Verlagerung der Produktion. Dadurch habe das Werk Veitsch (Steiermark) eine erhebliche Produktionsausweitung erfahren. "Dort sind Leute eingestellt worden und die Produktion läuft auch langfristig auf viel höherem Niveau als in der Vergangenheit." Profitiert hätten davon auch die Standorte Radenthein (Kärnten) und Breitenau (Steiermark).
Diskussion um Standort Trieben
Kleinere Standorte seien allerdings in Gefahr, räumte Borgas ein, "weil die natürlich irgendwann nicht mehr profitabel genug sind. Hier haben wir in Europa die größte Arbeit zu machen, weil wir in Europa die meisten kleinen Standorte haben." Davon sei am meisten Deutschland betroffen, "eventuell auch Frankreich und Österreich". Die Entscheidung werde im Laufe des zweiten Halbjahres fallen. In Diskussion sei der Standort Trieben, den man aus Managementgründen bereits mit dem Standort Radenthein zusammengelegt habe. "Wenn Trieben weniger produzieren wird, wird Radenthein vielleicht mehr machen."
Bei der angestrebten Übernahme der türkischen Kumas Manyezit Sanayi AS sei man nicht weitergekommen, sagte Borgas. "Wir haben uns bisher mit dem Verkäufer nicht auf eine Übernahme einigen können, deren Bedingungen auch für uns Sinn machen." Die Exklusivität der Verhandlungen sei ausgelaufen und der Verkäufer suche nun nach anderen potenziellen Käufern.
Stärker Fuß fassen wolle man in den nächsten drei Jahren in den Wachstumsmärkten Indien, China und Türkei, sagte Borgas. Danach seien Russland, Japan und Korea an der Reihe. In China stieg der Umsatz im ersten Halbjahr um 17 Prozent, in Indien um 16 Prozent. Derzeit erziele man in Indien etwa ein Zehntel des Konzernumsatzes, in China 6 Prozent. "China ist mit Abstand der größte einzelne Markt auf der Welt, in dem wir einen völlig unterrepräsentierten Marktanteil von vielleicht 2 Prozent haben." In Europa habe RHI Magnesita einen Marktanteil von 40 Prozent, in den USA 45 Prozent, in Südamerika 70 Prozent und im Nahen Osten 50 Prozent."
Höhere Dividende
Bei der Dividendenpolitik wird angestrebt, auf eine Cover Ratio (Deckung der Dividende durch den Nettogewinn) unter 3 zu kommen, derzeit sei man bei 3,6. "Das heißt, dass wir unsere Dividende überproportional weiter erhöhen, bis wir unter 3 kommen sind." Das bedeutet eine Ausschüttung von mindestens einem Drittel des Nettogewinns. Eine Zwischendividende von 0,50 Euro je Aktie wurde heute bereits angekündigt.
Die Aktie von RHI Magnesita hat heute in London bis 12.45 Uhr um 4,76 Prozent nachgegeben. 80 bis 90 Prozent des Umsatzvolumens der auch in Wien gelisteten Aktie werden in London erzielt.
Beim Ausblick für das Gesamtjahr sei man "sehr, sehr vorsichtig", sagte Borgas. "Wir glauben, dass die Weltkonjunktur sich weiter abschwächen wird. Damit wird die Produktionsmengen unserer Kunden, vor allem der Stahlindustrie, weiter runtergehen. Diese ganzen Handelsscharmützel überall auf der Welt sind wirklich schädlich." Am Ende des Jahres werde die RHI Magnesita immer noch ein kleines Umsatzwachstum haben. "Unsere Profitabilität wird auf ähnlichem Niveau liegen wie jetzt."
Die österreichische RHI hat im Herbst 2017 mit dem brasilianischen Mitbewerber Magnesita fusioniert. RHI Magnesita beschäftigt weltweit rund 14.000 Mitarbeiter in 35 Werken und hat über 70 Vertriebsniederlassungen.