Der Verbund sieht sich in seiner Strategie puncto CO2-Freiheit und grüne Energie bestätigt und will diesen Weg weitergehen. Neben der Wasserkrafterzeugung setze der Verbund unter anderem verstärkt auf andere Erneuerbare wie Photovoltaik sowie grünen Wasserstoff, Speicher und Netzausbau und spricht sich für einen CO2-Mindestpreis, nicht aber für eine CO2-Steuer aus.
Das Kohlekraftwerk im steirischen Mellach werde plangemäß mit Ende der Heizsaison 2019/20 außer Betrieb gehen, so Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber am Donnerstag bei der Halbjahrespressekonferenz. Das rund 35 Jahre alte Kohlekraftwerk liefert Fernwärme für die Stadt Graz, der Vertrag läuft nach der kommenden Heizsaison aus. Das Gaskraftwerk am Standort Mellach wird vor allem für das Engpassmanagement zur Stabilisierung der Stromnetze eingesetzt und sei damit ein wesentlicher Baustein auch für die Versorgungssicherheit.
Mindestpreis statt Steuer
Für eine CO2-Reduktion sei eine Bepreisung nötig, daran führe kein Weg vorbei, so Anzengruber. Man sei aber kein Verfechter einer CO2-Steuer, sondern glaube, dass ein Mindestpreis nötig sei. Bei einer Steuer sei der Lenkungseffekt nicht so bedeutend, Zweckbindungen seien schwierig umzusetzen. Ein CO2-Mindestpreis sollte so lange gelten bis die Marktmechanismen wirken. Der Preis für CO2-Zertifikate ist gestiegen und liegt nun bei rund 30 Euro je Tonne. Ab einem Preis von rund 60 Euro je Tonne sei ein Wechsel zu Investitionen in CO2-Vermeidung günstiger. Wichtig sei eine CO2-Bepreisung auch in anderen Sektoren inklusive Verkehr und Gebäude.
Hinsichtlich der globalen Klimaziele und der Erreichung des Ziels von 100 Prozent erneuerbarer Stromerzeugung in Österreich bis 2030 brauche aber noch Rahmenbedingungen. Das System müsse auf alle Schultern verteilt werden. Das Erneuerbaren Ausbau Gesetz (EAG) sei aufgrund der Regierungsänderung in der Warteschleife. Man hoffe, dass es bis Mitte 2020 in Kraft treten könne. Bei der Photovoltaik beispielsweise gebe es noch kein System für Anlagen auf Freiflächen. Der Verbund plant gemeinsam mit der OMV in Niederösterreich die größte Photovoltaik-Anlage Österreichs und setzt verstärkt auf Sonnenstrom. Es gehe dabei aber nicht um landwirtschaftlich genutzte Flächen.
Verbund und OMV prüfen weiters eine elektrolytische Wasserstoffproduktion. Gemeinsam mit voestalpine und Siemens wird in Linz eine Pilotanlage zur CO2-freien Herstellung von Wasserstoff errichten, die Ende des Jahres den ersten Wasserstoff liefern soll. Am Standort Mellach gibt es ein Pilotprojekt für eine Hochtemperatur-Analyse.
Investitionen in Stromleitungen
Eines der wichtigsten Themen sie die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit gerade in der volatilen Welt der Erneuerbaren Energie, so Anzengruber. Dabei spielen auch die Stromnetze eine wichtige Rolle. Mit dem Bau der 380-kV-Salzburg-Leitung werde im Herbst begonnen. Investiert werden in das Projekt rund 800 Mio. Euro. Das jüngste Mahnschreiben der EU an die Regierung ändere daran nichts, bekräftigte der Verbund-Chef.
Den Strompreis für Privatkunden hat der Verbund wie andere Energieversorger auch erhöht. An den Großhandelsmärkten gebe es derzeit keine gravierende Entwicklung, weitere Anpassungen wolle er aber nicht ausschließen, so Anzengruber.
Insgesamt investiert der Verbund zwei Milliarden Euro im Zeitraum 2019 bis 2021. Das Geld fließt auch in Revitalisierung und Erweiterungen der Wasserkraftwerke. So werden etwa in die Effizienzsteigerung des Innkraftwerks Jettenbach/Töging rund 250 Mio. Euro investiert. Der Baubescheid kam im Juli, es handle sich um das aktuell größte Wasserkraftprojekt Deutschlands. Die Inbetriebnahme ist 2022 geplant. Weitere Revitalisierungen gibt es unter anderem auch bei den Donaukraftwerken Ottensheim-Wilhering und Ybbs-Persenbeug sowie in Kaprun. In Ökologisierungsmaßnahmen werden bis 2028 rund 280 Mio. Euro investiert, bisher seien beispielsweise österreichweit 53 Fischwanderhilfen fertiggestellt.
Gute Wasserführung
Geringer als im Vorjahreszeitraum war heuer die Engpassleistungen unter anderem wegen der guten Wasserführung der Flüsse und einem weniger kalten Winter. Anzengruber wollte hier aber noch keine Entwarnung geben. Die Flexibilitätsprodukte waren rückläufig und brachten im ersten Halbjahr 47 Mio. Euro, nach 155 Mio. Euro im Vorjahreszeitraum.
Finanzvorstand Peter Kollmann verweis auf die gute Aktienkursentwicklung der vergangenen Jahre. So habe der Verbund die Schulden schneller abgebaut, den Cash-Flow stärker erhöht als vom Kapitalmarkt erwartet und sich damit Glaubwürdigkeit aufgebaut. Die Positionierung als nachhaltiges und CO2-freies Unternehmen habe auch geholfen, dass die Aktie von Investoren gekauft worden sei.
Donnerstagmittag notierte die Verbund-Aktie an der Wiener Börse mit 51,10 Euro rund 1 Prozent höher.