In den USA ist die Zahl der Glyphosat-Klagen gegen Bayer in den vergangenen Monaten drastisch angestiegen. Nun zieht Vorstandschef Werner Baumann nach drei verlorenen Prozessen erstmals öffentlich einen Vergleich in Betracht, um das Problem vom Tisch zu räumen. Dafür nannte er am Dienstag in einer Telefonkonferenz mit Analysten allerdings zwei Bedingungen.

Einen Vergleich werde das Unternehmen nur in Betracht ziehen, wenn sich dieser in einem vernünftigen finanziellen Rahmen bewege und damit der gesamte Rechtsstreit endgültig beigelegt werden könne. Bayer sei aber weiter entschlossen, sich entschieden zu Wehr zu setzen.

Inzwischen sieht sich der Konzern mit etwa 18.400 Klägern wegen der angeblich krebserregenden Wirkung des Unkrautvernichters seiner Tochter Monsanto konfrontiert - rund 5.000 mehr als noch im April. Die Klagewelle, die sich Bayer mit der 63 Milliarden Dollar (56,7 Milliarden Euro) teuren Übernahme des Glyphosat-Entwicklers Monsanto ins Haus geholt hat, belastetet das Unternehmen schwer. Mehr als 40 Milliarden Euro Börsenwert gingen seit dem Zukauf im vergangenen Sommer zunichte. Auch am Dienstag ging es an der Börse abwärts: Bayer-Aktien gehörten mit einem Minus von rund vier Prozent zu den größten DAX-Verlierern. Denn der Konzern muss sich strecken, um seine Ziele für 2019 zu erreichen. Diese seien zunehmend ambitioniert, warnte Baumann.

Agrargeschäft schwächelt

Im Agrargeschäft, das durch die Monsanto-Übernahme deutlich ausgebaut worden war, bekommt das Leverkusener Unternehmen extreme Wetterschwankungen und die anhaltenden Handelskonflikte zu spüren. Vor allem die verheerenden Überschwemmungen in den Farmstaaten in Nordamerika im Frühjahr sorgten dafür, dass sich die Geschäfte in dieser Sparte zuletzt abschwächten. Landwirte kauften weniger Soja-und Maissaatgut, auch die Nachfrage nach Pflanzenschutzmitteln sank. Dafür konnte Bayer in der Pharmasparte kräftige Zuwächse verbuchen, auch das lange Zeit flaue Geschäft mit rezeptfreien Gesundheitsprodukten erholt sich wieder.

Baumann demonstrierte Zuversicht: "Bayer ist operativ auf Kurs." Für dieses Jahr rechnet Baumann weiterhin mit einem währungs- und portfoliobereinigten Umsatzplus von etwa vier Prozent auf rund 46 Milliarden Euro und einem Anstieg des bereinigten Betriebsgewinns auf rund 12,2 Milliarden.

Im zweiten Quartal setzte Bayer 11,5 Milliarden Euro um, währungs- und portfoliobereinigt war das ein Zuwachs um knapp ein Prozent. Der bereinigte Betriebsgewinn (Ebitda) legte um rund ein Viertel auf gut 2,9 Milliarden zu. Dazu trug auch der Ergebnisbeitrag von Monsanto bei. Im Pharmageschäft profitierte Bayer von einer starken Entwicklung in China und einer hohen Nachfrage nach seinen Kassenschlagern - dem Gerinnungshemmer Xarelto und dem Augenmittel Eylea.

Klagewelle

Überschattet wird das Tagesgeschäft von der Glyphosat-Klagewelle. Seit kurzem soll ein eigener Ausschuss im Aufsichtsrat einen Weg finden, um diese in den Griff zu bekommen. Auch ein externer Top-Anwalt wurde angeheuert. Bayer hat die Vorwürfe gegen Glyphosat stets zurückgewiesen und darauf verwiesen, dass Zulassungsbehörden weltweit das Herbizid bei sachgemäßer Anwendung als sicher bewerteten. Die bisherigen Prozesse gingen gleichwohl nicht gut aus: In drei Verfahren wurde das Unternehmen bereits zu Schadenersatz verurteilt. Im vergangenen Herbst hatte Baumann vor Journalisten angedeutet, Bayer könnte einen Vergleich in Betracht ziehen - abhängig davon, wie hoch die Gerichtskosten ausfallen werden. Damals hatte Monsanto aber erst einen Prozess verloren.

Drei weitere Verfahren sind noch für dieses Jahr vor Gerichten im US-Bundesstaat Missouri, wo die Landwirtschaft zu den wichtigsten Industriezweigen gehört, zur Verhandlung angesetzt. Der nächste Prozess startet voraussichtlich am 19. August in St. Louis, wo Monsanto seinen Hauptsitz hatte. In dem Mediationsprozess, der von einem Bundesrichter in Kalifornien angeordnet wurde, will sich Bayer "konstruktiv" einbringen. Viele Experten gehen letztlich von einem milliardenschweren Vergleich aus. Dabei bekommt das Management auch Druck vom Hedgefonds Elliott, der rund zwei Prozent an Bayer hält. Wichtige Investoren hatten aber vor einer Einigung um jeden Preis gewarnt und Bayer geraten, zunächst die Berufungsverfahren abzuwarten.