Die Front gegen Online-Vermietungsplattformen wie Airbnb und Booking.com sowie die Marktmacht einzelner (Billig-)Fluglinien wird dichter.
Erst Mitte der Woche verurteilte der Verwaltungsgerichtshof einen privaten Vermieter zu einer 510-Euro-Strafe, weil dieser seine Wiener Privatimmobilie inklusive Serviceleistungen (Reinigung, Bettwäsche, Handtücher, WLAN) und samt professionellem Außenauftritt auf einer Buchungsplattform anpries. Ein derartiges touristisches Angebot setze eine Gewerbe-Berechtigung voraus, so die Begründung.
Der Markt ist freilich nicht klar abgrenzbar. Aber allein in Wien soll es 11.000 über Airbnb mietbare Objekte geben, in Salzburg sollen es 700 sein, in Graz waren gestern 306 Angebote online. Eine Studie der TU Wien rechnet damit, dass 2022 bereits jede 20. Wohnung als Ferienwohnung auf Onlineplattformen angeboten wird. Der Chef des Wien-Tourismus, Norbert Kettner, fordert deshalb eine Obergrenze von 90 Tagen im Jahr für das Vermieten von Wohnungen auf Airbnb.
Parallel erhöht auch der Österreichische Verein für Touristik (ÖVT), Standesvertretung für rund 200 mittelständige Reiseveranstalter, den Druck.
David gegen Goliath
Man fordert zum einen volle Transparenz und Gleichbehandlung, was rechtliche Rahmenbedingungen für internationale Konzerne angeht. Es könne nicht sein, dass eine Billigfluglinie wie Ryanair neben Flugtickets auch Hotelzimmer und Mietautos vermittelt – „also klar als pauschaler Reiseveranstalter auftritt“ –, ohne entsprechende rechtliche Auflagen (Insolvenzabsicherung etc.) zu erfüllen, kritisiert ÖVT-Präsident Helmut Hirner. Auch bei der verpflichtenden Implementierung neuer Onlinesysteme für Flugticketbuchungen fühle man sich von den großen Airlines benachteiligt. „Wir müssen Gebühren zahlen, obwohl das System noch nicht funktionstüchtig ist.“
Andererseits wisse man, „dass die Digitalisierung nicht aufhaltbar ist und wir sie auch nicht grundsätzlich vom Markt aussperren wollen“ (Hirner).
„Abschottung wird auf Dauer nicht funktionieren“, ist auch die steirische Tourismuslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl überzeugt. „Wir stehen erst am Anfang, da werden sich noch viele Geschäftsfelder entwickeln.“ Hirner kann sich Kooperationen mit Airbnb nach Vorbild des Amazon-Marketplace vorstellen. Allerdings müsse es auch dabei in Bezug auf die Rahmenbedingungen „ein ebenes Spielfeld geben“. Es dürfe zu keiner Ausnutzung der Marktmonopolstellung der Konzerne kommen, stellt Hirner klar: „Sonst ist das zum Scheitern verurteilt.“
Arbeit auf europäischer Ebene
Kürzlich machte sich der Steirer – er betreibt in Frohnleiten, nördlich von Graz, ein auf Sprach- und Sportreisen spezialisiertes Reisebüro – auch auf europäischer Ebene für mehr Fairness stark. Gehör geschenkt wurde ihm in der SME Europe, der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der Europäischen Volkspartei. Dort soll Hirner jetzt am Positionspapier für die kommenden fünf Jahre mitarbeiten. Ob es sich dabei um mehr als einen zahnlosen Forderungen und Absichtserklärungen formulierenden Papiertiger handelt?
Hirner ist optimistisch: „Die europäische Politik hat die Bedeutung der KMU verstanden, sie kann da nicht mehr darüber hinwegsehen.“ Immerhin seien 99 Prozent der im Tourismus beschäftigten Unternehmen in der EU Klein- und Mittelbetriebe, versucht Hirner im Kampf David gegen Goliath die Dimensionen zurechtzurücken.
Tourismus-Coaches
Die mittelständisch strukturierten Betriebe in der Steiermark zukunftsfit zu machen, ist auch Ziel des Landes. „Wir haben da ganz unterschiedliche Flughöhen, was beispielsweise das Onlinemarketing angeht“, sagt Tourismuslandesrätin Eibinger-Miedl. Daher sind seit diesem Monat eigene Tourismus-Coaches landesweit im Einsatz. Sie beraten Unternehmen, um deren Internetauftritt in puncto Auffindbarkeit und Buchbarkeit zu verbessern. Als Kontrapunkt zu Giganten wie Booking.com oder Expedia will man auch eigene Buchungsplattformen wie jene der Landestourismusgesellschaft STG oder eigene in den Regionen forcieren.
Klaus Höfler