Ja was jetzt? Seit Jahren beschäftigt der in der EU noch bis 2022 zugelassene Pflanzenwirkstoff Glyphosat Studienautoren, Gerichte, Polit-Debatten und Stammtische. Im Zuge des vorwöchigen Abstimmungsmarathons im Nationalrat ging alles plötzlich ganz schnell – und mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ, Jetzt und Neos wurde ein totales Glyphosat-Anwendungsverbot in Österreich bestimmt.
Nun fragen sich Anwender des Herbizids, (die bekannteste Marke ist „Round up“) von Kleingarten-Besitzern über die Landwirtschaft bis hin zu Kommunen oder Infrastruktur-Unternehmen, wann das Verbot in Kraft tritt und ob man es überhaupt noch verwenden darf.
Warum? Weil das Gesetz den Binnenmarkt und das Prinzip des freien Warenverkehrs in der EU betrifft. Sprich: Weil das Mittel laut EU-Verordnung bis 2022 in allen Staaten der EU erlaubt ist, braucht hier ein nationaler Alleingang den Segen aus Brüssel. Und ob es diesen gibt, darüber gehen aktuell die Meinungen – je nach Standpunkt zu Glyphosat – weit auseinander.
Während von der SPÖ bis zu Greenpeace davon ausgegangen wird, dass Brüssel dem Verbot zustimmt, geht man innerhalb der Bauernschaft davon aus, dass das Totalverbot so nicht kommt: „Das hat schon das Beispiel Kärnten gezeigt, das mit einem landesweiten Glyphosatverbot in Brüssel abgeblitzt ist und nun ein teilweises Anwendungsverbot auf sensiblen Flächen durchgebracht hat“, sagt Bauernbund-Chef und ÖVP-Abgeordneter Georg Strasser.
Er verweist auch auf die Ansicht des Europarechtsexperten Walter Obwexer, der an eine Ablehnung durch Brüssel glaubt – weil Österreich u. a. nachweisen müsse, dass Glyphosat Probleme für Gesundheit und Umwelt hierzulande verursache, die es in anderen EU-Ländern nicht gibt. Sehr wohl möglich seien laut Obwexer Anwendungsverbote auf speziellen Flächen, wie es Kärnten seit heuer handhabt.
Drei Monate hat Brüssel für die Entscheidung Zeit. Klarheit wird es also nicht vor Herbst geben. Wie aktuelle Zahlen zeigen, kehren immer mehr Kommunen, Bauern (Molkereien verbieten ihren Lieferanten die Anwendung) und Unternehmen Glyphosat ohnehin den Rücken.
Ulrich Dunst