Schon seit Monaten wird über die Zukunft des BMW-Vorstandsvorsitzenden Harald Krüger spekuliert. Jetzt dürfte Klarheit herrschen. Eigentlich sollte der Aufsichtsrat des deutschen Premium-Autoherstellers bei seiner Sitzung Mitte Juli über eine Verlängerung des Vertrages - er läuft noch bis Ende April 2020 - beraten.
Doch nun ist Krüger der Entscheidung des Kontrollgremiums zuvorgekommen. Daher wird die Aufsichtsratssitzung im Zeichen der Nachfolgersuche stehen.
"Nach über zehn Jahren im Vorstand, davon mehr als vier Jahre als Vorstandschef der BMW Group, will ich mich nun beruflich neu orientieren", sagte Krüger laut Mitteilung. Schon seit einigen Wochen steht Krügers Zukunft bei BMW in Frage, Kritiker warfen ihm Zaghaftigkeit bei der Ausrichtung des Konzerns auf künftige Aufgaben vor.
Seit Anfang der 1990er Jahre bei BMW
Seit 1992 ist der 53-jährige Maschinenbauingenieur im Konzern. Krüger hatte im Mai 2015 das Rennen um den Chefposten gegen den damaligen BMW-Einkaufsvorstand und heutigen VW-Konzernchef Herbert Diess für sich entschieden, vor allem, weil er als Teamplayer galt und den Rückhalt bei den Großaktionären der Erbenfamilie Quandt hatte.
Krüger hat in seiner Amtszeit 2016 die Führung im weltweiten Verkauf von Premiumautos an den Erzrivalen Mercedes-Benz aus dem Daimler-Konzern abgeben müssen, die sein Vorgänger Norbert Reithofer Jahre zuvor erobert hatte. Derzeit befindet sich BMW vor allem dank neuer SUV-Modelle und insbesondere in China und den USA mit den Verkaufszahlen wieder im Aufwind - für 2020 hatte Krüger das Ziel ausgegeben, wieder vor Mercedes-Benz liegen zu wollen.
Strategische Kooperationen im Konzern gestärkt
"Harald Krüger hat über ein Vierteljahrhundert für die BMW Group in den verschiedensten Funktionen mit großer Leidenschaft wichtige Akzente gesetzt", sagte Reithofer, heute Aufsichtsratschef. Krüger habe die Bedeutung strategischer Kooperationen im Konzern gestärkt, hieß es vom Unternehmen. Dazu gehört das Zusammengehen mit Daimler bei Mobilitätsdiensten wie Carsharing und Fahrtenvermittlung, aber auch die gemeinsame Forschung an Technologie für das autonome Fahren mit den Stuttgartern. Auf diesem Gebiet hat BMW auch eine Allianz mit dem US-Tech-Konzern Intel und der Softwarefirma Mobileye.
Zuletzt bekam Krüger von den eigenen Aktionären auf der Hauptversammlung im Mai allerdings ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Vergangenes Jahr verfehlte der Autobauer in seinem Kerngeschäft erstmals seit der Finanzkrise die Renditeziele, auch weil BMW viel Geld in Elektroantriebe und neue Modelle gesteckt hat. Der Gewinn brach ein, auch die Dividende wurde gekürzt. Auch heuer wird das mittelfristige Ziel aller Voraussicht nach nicht erreicht. Zusätzlich musste der Konzern zuletzt eine Rückstellung in Höhe von 1,4 Milliarden Euro bilden, um für eine mögliche Kartellstrafe durch die Europäische Kommission gewappnet zu sein.
Wird Zipse Nachfolger?
Als aussichtsreicher Kandidat für die Nachfolge Krügers wird Produktionsvorstand Oliver Zipse gehandelt. Laut "Frankfurter Allgemeiner Zeitung" könnte der 55-Jährige schon in der kommenden Aufsichtsratssitzung am 18. Juli ernannt werden.
Auch die Nachrichtenagentur Reuters berichtete unter Berufung auf Insider, dass Zipse aussichtsreichster Kandidat für den BMW-Chefposten sei. Zipse war im Mai 2015 in den Vorstand des Konzerns berufen worden und folgte damals Krüger auf dem Posten des Produktionsvorstands.
Laut "FAZ" soll Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich, der ebenfalls als möglicher Nachfolger gehandelt worden war, sein derzeitiges Amt fortführen.