"Ich weiß die Voestalpine in guten Händen." - Nach 41 Jahren im Konzern, davon 15 an der Spitze, hat Vorstandsvorsitzender Wolfgang Eder (67) am Mittwoch die Geschicke des Stahlkonzerns in die Hände seines Nachfolgers Herbert Eibensteiner gelegt. Dieser werde sich wohl u.a. mit dem "neuen Protektionismus auseinandersetzen müssen". Eder soll im Lauf des Tages in den Aufsichtsrat gewählt werden.
Bei der Hauptversammlung im Linzer Design Center zog Eder nach der nüchternen Präsentation der Zahlen des abgelaufenen Geschäftsjahres eine doch recht emotionale Bilanz seiner Zeit im Konzern.
"Wir haben es beide überlebt"
Dass "seit Herbert Koller in den 1970er-Jahren kein Vorstandsvorsitzender der Voestalpine mehr geordnet in den Ruhestand getreten ist", habe ihn bei seinem Amtsantritt schon beschäftigt, erinnerte er sich. Er habe sich gefragt, ob das Unternehmen seine Kinder fresse. Antwort: "Es hat mich nicht gefressen, aber das Wehren gegen das Gefressenwerden hat mich viel Kraft gekostet." Am Ende sei "ein Patt zwischen der Voestalpine und mir" herausgekommen und "wir haben es beide überlebt".
"Am liebsten unter der Tuchtent"
Er erinnerte sich an harte Zeiten, als er noch nicht ganz oben an der Spitze des Konzerns stand: etwa als in den 1980er-Jahren immer riskantere Geschäfte von der Politik eingefordert worden seien - "Waffen, Noricum, so richtig große Kanonen mussten es damals sein. Aber am liebsten unter der Tuchent" - oder als im November 1985 die de facto Pleite des Unternehmens offensichtlich wurde.
Teile des Konzerns mussten geschlossen werden, Massenkündigungen und -pensionierungen hatten "menschliche Tragödien" zur Folge. Er sei wohl "der letzte Zeitzeuge aus der Führungsebene, die damals aufräumen musste", so Eder. Die Frage "Warum musste das Unternehmen erst an die Wand gefahren werden, um eine Zukunft zu bekommen?" sei für ihn bis heute nicht beantwortet.
Rosen für Eder
In seine Zeit im Chefsessel fällt der "sehr erfolgreiche Börsegang" der Voestalpine, auch setzte Eder die bereits unter seinem Vorgänger Peter Strahammer angedachte Internationalisierung um und machte aus dem Stahlproduzenten einen Technologiekonzern. Längst sei man nicht mehr nur das "beliebte Ziel für Staatsbesuche". Eder verwies zudem auf Prestigeprojekte wie die Stahlwelt oder auf das Zwangsarbeitermuseum sowie auf die Mitarbeiterstiftung, die "ein Benchmark in Europa" sei.
Aufsichtsratschef Joachim Lemppenau streute Eder Rosen: Dieser habe erkannt, dass "einfach nur Stahl" zu wenig sei und die Voestalpine "zu einem internationalen Unternehmen gemacht", Nachsatz: "zu einem internationalen Unternehmen mit Sitz in Österreich".
Die neuen Herausforderungen
Der neue Voestalpine-Chef Herbert Eibensteiner (55), der bisher die Stahlsparte geleitet hat, benannte vor den Aktionären die Herausforderungen der kommenden Jahre: Bleibe der "Handelskrieg - muss man sagen" - bestehen, müsse man die Logistik- und Produktionsbereiche neu überdenken. Ebenfalls noch nicht geklärt sei, wie die Stahlproduktion der Zukunft aussehe, die man brauche, "um die Klimaziele bis 2030 zu erreichen". Darüber hinaus werde sich wohl in der Automobilindustrie, die immerhin ein Viertel des Voestalpine-Umsatzes ausmache, zeigen, welche Antriebstechnologie sich durchsetzt. "Bis 2025 muss es klar sein, wie es weitergeht und dann wird ein großer Schritt auf der Investitionsseite nötig sein", kündigte er an.
Im Lauf der Hauptversammlung stand unter anderem noch die Kür von Eder zum Aufsichtsratsmitglied am Programm. Als Dividende wurden den Aktionären 1,10 Euro vorgeschlagen. Das knüpfe dort an "wo wir 2016/17 aufgehört haben", so Eder, liege aber um 21 Prozent unter der Rekorddividende des Vorjahres.