In der Psychologie des Marktes reicht oft eine gute Nachricht und alle negativen Ereignisse der Vergangenheit sind vergessen. Das zeigt sich gerade wieder bei den Kryptowährungen. Seit Facebook in der Vorwoche Pläne für seine eigene Cyber-Devise vorgestellt hat, gibt es für den Bitcoin-Kurs kein Halten. Am Samstag fiel die magische 10.000-Dollar-Marke, am Sonntag war ein Bitcoin bereits mehr als 11.000 US-Dollar wert, aktuell sind es rund 10.900 Dollar (9500 Euro).
Allerdings ist das nicht nur ein Verdienst von Facebook. Kryptowährungen und allen voran Bitcoin haben in den vergangenen drei Monaten eine beachtliche Aufholjagd gestartet, unter anderem, weil große Fonds wie Fidelity in den Markt eingestiegen sind. Zur Erinnerung: Ende März kostete eine Bitcoin 4000 US-Dollar. Ethereum – Nummer zwei im Kryptomarkt – legte in der Zeit von 136 auf 309 US-Dollar zu.
Immer mehr institutionelle Investoren
„Auch wenn sich die Banken noch zurückhalten, sehen wir immer mehr institutionelle Investoren und Unternehmen, die in Kryptowährungen investieren“, erklärt Ernst Tertilt vom Crypto Management. Das Wiener Unternehmen verwaltet Krypto-Portfolios von über 100 Kunden.
Allerdings warnen Experten wie der deutsche Analyst Timo Emden vor übertriebener Euphorie. „Viele Anleger haben schlicht Angst, etwas zu verpassen.“ Deshalb würden sie Risiken ausblenden. Denn weiterhin sind Kryptowährungen ein hochriskantes Geschäft.
Initiativen wie die Libra-Coin könnten das ändern, ist Tertilt überzeugt: „Vor allem die Partner abseits von Facebook machen das Projekt interessant.“ Er verweist dabei auf Unternehmen wie Mastercard, Visa oder Vodafone. „Libra könnte wirklich wie unser Geldsystem funktionieren“, sagt der Krypto-Experte.
Regulierung schafft Vertrauen
Alleine durch die rund 2,3 Milliarden Facebooknutzer hat Libra ein enormes Potenzial. So sind aktuell rund 194 Milliarden US-Dollar in der Kryptowährung investiert.
Wenn zehn Prozent der Facebook-Nutzer im Schnitt 1000 US-Dollar zum Start von Libra investierten, wäre die Facebook-Coin auf Platz eins, übrigens mit nicht absehbaren Folgen auf den Anleihenmarkt. Denn jede Libra-Coin soll mit Anleihen besichert sein. Deshalb haben sich Regulatoren in den USA und der EU zu Wort gemeldet. Facebook will eng zusammenarbeiten. „Auch das wird den Kryptomarkt stärken“, ist Tertilt überzeugt. Regulierung schaffe Vertrauen. So würden auch andere Kryptowährungen massentauglich.
Tertilt kritisiert zwar die zentrale Rolle von Facebook, aber: „Mit der breiten Nutzung fällt die Ablehnung gegenüber Kryptowährungen.“ Der Umstieg auf transparente Cyber-Devisen wie Monero oder Bitcoin würde dann leichterfallen.
Roman Vilgut