Bevor sich Spitzen der deutschen Auto-Industrie am Montag mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und weiteren Regierungsvertretern treffen, um die angespannte Situation am Automobilmarkt zu diskutieren, referierte VW-Konzernchef Herbert Diess gestern an der Technischen Universität Graz über die Zukunft des Autos.
Diess skizzierte dabei erneut das Entwicklungspotenzial der Elektro-Mobilität. VW setze diesbezüglich auf einen massiven Flottenausbau. Schon im Jahr 2025 will man demnach auch bei den E-Autos Weltmarktführer sein. "Wir bauen Batteriefabriken dafür auf und fahren unsere konventionellen Fahrzeuge im gleichen Rahmen runter“, so Diess. Etwa 2040 soll die gesamte VW-Fahrzeugflotte CO2-frei sein. In ein bis zwei Jahren würde man bereits Fahrzeuge haben, bei denen „es sehr schwer wird, als Kunde sich dagegen zu entscheiden“.
Noch sei die Attraktivitätvon Elektroautos stark von der Unterstützung der öffentlichen Hand abhängig. "Überall dort, wo E-Autos starkt gefördert werden, setzen sie sich durch", verwies Diess auf Beispiele wie Norwegen. Dort fahren bereits 30 Prozent der Autos elektrisch, in Österreich sind es dagegen erst 0,5 Prozent.
Die Palette der Argumente und Vorurteile sei bunt: Das E-Auto gelte hierzulande weiterhin als zu teuer, die Ladestationen-Infrastruktur sei noch nicht ausreichend und auch die Reichweite sei zu gering. Dazu kommt Kritik am Einsatz kritischer Rohstoffe bei der Erzeugung der Batterie.
(Fast) Keine Verkehrstoten mehr
Einher mit einer wachsenden Verbreitung von E-Autos werde auch die Verkehrssicherheit steigen, prognostiziert Diess: "Wir werden wahrscheinlich 2030, 2035 keine Verkehrstoten mehr haben, die durch Autos verursacht werden – oder nur ganz wenige.“ Als Grund nennt er unter anderem die aufgrund von Reichweitenoptimierung geringere Geschwindigkeit auf Autobahnen.
Voraussetzung für eine Mobilitätswende sei aber ein massives Umdenken bei der Energiegewinnung. Denn "das Elektrofahrzeug macht natürlich nur Sinn, wenn der Strom CO2-frei ist. Mit Kohlestrom ist ein Elektrofahrzeug klimaschädlicher als ein Diesel oder ein Benziner“, gibt Diess zu bedenken. Österreich sei diesbezüglich dank des großen Anteils an Grüner Energie ein ideales Land für den Einsatz von Elektroautos.
Kooperation mit Ford
Ganz oben auf der Agenda steht bei VW auch das Thema autonomes Fahren. Bereits vergangene Woche hatte Diess angekündigt, dass man - um sich die hohen Kosten bei der Entwicklung selbstfahrender Autos zu teilen - mit Ford zusammenarbeiten werde. Die seit mehreren Monaten laufenden Gespräche zum Elektrobaukasten MEB und beim autonomen Fahren liefen gut und stünden "kurz vor dem Abschluss".
Volkswagen will sich an der Ford-Tochter Argo für Roboterautos beteiligen und verhandelt mit den Amerikanern zudem über eine Nutzung des von Volkswagen entwickelten Elektrobaukastens. Eine Einigung etwa über eine Lizenzierung des MEB durch Ford würde Volkswagen Größenvorteile verschaffen und so die Kosten für Elektroautos senken.
Diess sagte, die Partnerschaft mit dem zweitgrößten US-Autobauer sei für Volkswagen auch geostrategisch von großer Bedeutung. "Ohne ein starkes Engagement in den USA - unserer noch immer schwächsten Weltregion - drohen wir in den weltweiten Handelskonflikten in eine ausweglose Situation zu geraten." Volkswagen sei derzeit noch sehr stark ein chinesisch geprägtes Unternehmen. "Dazu brauchen wir ein Gegengewicht in den USA." VW und Ford hatten bereits zu Jahresbeginn eine Allianz bei Transportern und Pick-ups geschlossen.
Klaus Höfler