Sabine Herlitschka, Vorständin der Infineon Technologies AG, spricht sich für Frauenquoten aus:
Frauen sind in Österreich nach wie vor zu selten in Top-Führungspositionen zu finden und die Entwicklung der vergangenen Jahre zeigt: Es tut sich nur langsam etwas. Daher ist es Zeit für die Einführung einer Frauenquote.
Viele wollen, wenige tun, so kann man den aktuellen Status des Frauenanteils in Führungspositionen zusammenfassen. Fakt ist, dass Frauen in Österreich nach wie vor selten in Top-Führungspositionen zu finden sind.
In den führenden börsennotierten Unternehmen des Landes gibt es aktuell drei weibliche Vorstandsvorsitzende, ja DREI. Im europäischen Vergleich hat Österreich viel aufzuholen, andere sind hier fortschrittlicher wie etwa Norwegen oder Frankreich mit einem Anteil von über 40 Prozent an weiblichen Top-Führungskräften.
Die Entwicklung des Frauenanteils zeigt, dass sich nur langsam etwas tut. Daher bin ich mittlerweile für eine Frauenquote, da sie nachweislich wirkt. Sie schafft Aufmerksamkeit und öffnet Türen, durchgehen muss jede und jeder selber - denn natürlich zählt die Leistung. Eine Quote ist auch kein Selbstzweck: Sie ermöglicht mehr Diversität. Studien belegen, dass Unternehmen mit höherer Diversität, sprich höherem Frauenanteil, aber auch unterschiedlichen Nationalitäten oder einem ausgewogenen Generationenmix, erfolgreicher sind.
Auch wir bei Infineon setzen hier strategische Maßnahmen und Ziele. Ein weiterer nicht zu vernachlässigender Punkt: Es gibt insgesamt zu wenig qualifizierte Leute am Arbeitsmarkt, gerade deshalb ist es so wichtig, alle Talente zu fördern. Das sieht die Wirtschaft und das sieht auch die Politik. Warum also Frauen nicht hochattraktive Karrierepfade eröffnen und das Potenzial qualifizierter Frauen endlich nutzen?
Bewusstseinsbildung ist das eine, konkrete Maßnahmen und Angebote sind das andere. Ja, die Quote alleine wird nicht die Lösung für alles sein. Sie muss mit Rahmenbedingungen einhergehen, die es Frauen ermöglichen zu arbeiten und Führungspositionen zu übernehmen. Hier spreche ich etwa von flexiblen Arbeitszeitmodellen, der Möglichkeit von Teleworking, ausreichend flexiblen Betreuungsplätzen für Kinder oder attraktiver Ferienbetreuung.
Letztendlich müssen sich Frauen und Männer gleichermaßen im Job mit ihren Qualifikationen bewähren und beweisen, unabhängig von X- oder Y-Chromosomen. Die Diskussion über eine Frauenquote bewirkt zumindest, dass der Druck, der durch Zielvorgaben und öffentliche Sichtbarkeit entsteht, zu mehr Frauen in Führungspositionen führt. Eine verpflichtende Quote gilt in Österreich an Universitäten und in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen und zeigt Wirkung. Im Jahr 2019, 100 Jahre nach der Zulassung von Frauen an technischen Universitäten, sollte doch Chancengleichheit gelten.
Kontra: Frauen an die Spitze, aber nicht als "Quotenfrauen"
Heimo Scheuch, Vorstandschef der Wienerberger AG, spricht sich gegen Frauenquoten aus.
Die Nichtberücksichtigung von kompetenten Frauen in Führungspositionen wird von Kunden abgestraft. Erfolgreiche Frauen haben es sich aber nicht verdient, dass ihr Weg durch das Attribut „Quotenfrau“ verdorben wird.
Ich finde es absolut wichtig, Frauen zu fördern, ihren Erfolg sichtbar zu machen. Der entscheidende Punkt ist aber, den Frauen ihren Weg an die Spitze nicht durch das Attribut „Quotenfrau“ zu verderben. Das haben sich erfolgreiche Frauen ganz einfach nicht verdient. Um in der Top-Liga bestehen zu können, ist überdurchschnittlicher Einsatz und jahrelang erarbeitete Expertise sowie an einen Marathon gemahnendes Durchhaltevermögen gefragt, egal ob als Mann oder als Frau. Wer schlussendlich in die Vorstandsetage einzieht, will das diesen Eigenschaften zurechnen und nicht dem Umstand, dass das eigene Geschlecht der Unternehmung dazu verhilft, einer gesetzlichen Regelung Genüge zu tun.
Natürlich könnte eingewendet werden, dass ohne die gesetzliche Quote die Entwicklung nicht oder nicht schnell genug vorangeht. Allerdings wird eine gesetzliche Regelung niemals den gleichen Effekt haben wie der ökonomische Erfolg: Die einseitige Besetzung von Führungsetagen vermindert nicht nur die Attraktivität als Arbeitgeber am ohnehin ausgetrockneten Arbeitsmarkt.
Ich wage zu behaupten: Die Nichtberücksichtigung von kompetenten Frauen bei der Besetzung von Führungspositionen werden die Kundinnen und Kunden der Generation Y gnadenlos abstrafen. Eine rechtliche Regelung für die Besetzung von Vorstands- und Aufsichtsratspositionen braucht es also nicht. Wer wie ich lange im internationalen Umfeld gearbeitet hat, weiß längst um die unschätzbaren Vorteile der Diversität.
Für mich ist erwiesen, dass diverse Teams langfristig ungleich erfolgreicher arbeiten als homogene, meist männlich dominierte Managementboards. Unterschiedliche Sichtweisen, Mentalitäten, Entscheidungsfindungsprozesse gewährleisten nachhaltig erfolgreiches Wirtschaften und stellen sicher, dass Innovation gelebt wird. Das behaupte ich nicht bloß, sondern kann leicht anhand der einschlägigen Unternehmenszahlen nachvollzogen werden: Der Aufsichtsrat der Wienerberger AG hat mit einer Quote von 36 Prozent Frauen seit Langem einen höheren Frauenanteil als die vom Gesetz seit dem Vorjahr geforderten 30 Prozent.
In unserer 200-jährigen Geschichte hat die Wienerberger AG seit einigen Tagen mit Solveig Menard-Galli das erste weibliche Vorstandsmitglied. Es gibt natürlich eine Vielzahl von weiteren Top-Positionen, die von Frauen besetzt sind, ob in operativen Ländern oder konzernübergreifend. Dies trägt nachhaltig zum Unternehmenserfolg der Wienerberger bei und wird das weiterhin tun.